Soziale Impotenz, die sich selbst feiert nennt man auch Nostalgie. Dieses Damals, das besser war, da war man ein Freund wie man ihn sich nur wünschen konnte, aber jetzt, wo alles den Bach runter geht, Traditionen und Werte, ist man halt Einzelgänger und Individualist und verkehrt die Unfähigkeit jemand anderen etwas für einen selbst bedeuten zu lassen zu Heldentum. “Mit der Mafia sind nur die Faschisten fertig geworden.” Weil hier jeder recht hat stimmt auch dieser Spruch. Das Absud - Cube 3, Eierschneider zerlegen die Gehirne in Plastinetten. Der Arbeitgeber der selbst für die Einstellung verantwortlich ist im Doppelsinn von Akquise und Motivation beschwert sich über sich selbst: “Wir ersetzen krank durch blöd” was er erst ironisch und um Mitternacht bitterernst und selbstvergessen meint. Das VerWesentliche ist die Wiederholung - letztes Jahr zu Halloween sass das Teufelchen mit dem leeren Gesicht, die Sehnsüchte zu Glasaugen erstarrt, am selben Platz und trug die selbe Perücke. Der Wahrsager findet sie auch dieses Jahr scharf wie Machete, das wird sich ändern wenn ihr versehentlich die Perücke vom Kopf rutscht, bei der einen oder anderen Geliegenheit und ihm ihr ungeschöntes Antlitz dämmert, während er schubweise ernüchtert und nicht mal verständliche Ausreden für seine hastige Flucht formulieren kann, weil ihm das Spermizid ihres Pessars auf der Zunge zerging und sie örtlich betäubt hat wie eine fehlgesetzte Zahnarztspritze. “…ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mir die Hand vor Augen hielt und etwas murmelte wie das Cappin-Fragment…der leuchtende Trapezoeder…die Maske, setz die Maske auf…ich konnte nur nuscheln und die Suppe lief mir die Mundwinkel runter…”. Das verschnackt er morgen, wenn die Koalition der Billigen, die alle noch Perry-Rhodan Hefte für 80 Pfennige erworben hatten, wieder früh am Tresen aufschlägt um ihr Durchhaltevermögen zu demonstrieren und Konterbiere zu schütten, sehr zur Freude Lloyds, der jetzt grade damit beschäftigt ist Salzstangen auf dem Tresen zu platzieren, in Keramikschüsseln, die er sonst als Behälter für sein Spezialchili verwendet. “Schon mal aufgefallen dass es hier in der Strasse keine Hundescheiße gibt?” Die Salzstangen landen später in Becks Bennies Haaren. Er nimmt bevor er wie eine erschlaffte Qualle besinnungslos auf die Tresenplatte sinkt (und früh am Morgen grauenvoll singt) noch seine Mozartperücke ab, wobei er behauptet er sei als Gutenberg-Galaxie verkleidet, und das in Jeans und Turnschuhen. Barbie Q und Deep Throat finden Salzstangen-Mikado witzig, wieviele Salzstangen bringst Du in seinem Haarschopf unter bevor er aufwacht, mit Stäbchen dekoriert wie eine Geisha, die es mit ihrem Haarschmuck ins Guiness-Buch der Rekorde schaffen möchte. “Das Internet sagt Du zu Dir”, ist der letzte Satz bevor es Nacht in ihm wird, Ende eines Monologes über das Verhältnis von Individuum und Netzwerk, der den Egoismus des Einzelnen als notwendige Motivation der Zelle in einem Organismus deutet, Individualität, Einzigartigkeit als notwendigen Trugschluss eines reinen Bestandteils, der dazu führt dass es motiviert im Kollektiv funktioniert. “Es hat auch jede Zelle eine eigene Frequenz, die sie unterscheidet von allen anderen, aber ihre Einbildung diese Differenz sei bedeutend ist lediglich die sie am Kacken haltende Hybris. Tatsächlich geht es nur darum, dass diese Frequenz sie im Organismus verortet und sie jederzeit kontrolliert und überwacht werden kann.” Das Katja Ebstein-Imitat nimmt das ernst und findet es schrecklich, immer wenn sie tanzen geht sieht ihr Mann ihr schweigend zu. Er trägt eine kupferfarbene Echthaarperücke aus ihrem Haar, in dem es vor Eifersucht knistert als er gewahr wird wie sie fachmännisch die Konsistenz eines Dildos prüft - “Ich bin Wissenschaftlerin” - die herausragendes Merkmal einer Gummipuppe ist, welche eine Schar aufgekratzter und aufgebretzelter Erstsemester mit Joker-Gesichtern und Kunstblut im Gesicht (bis auf den DJ, der nicht verkleidet ist, mit dem Hut auf seinen headsets aber dennoch so aussieht wie John Belushi als King Bee) und in den Adern zum Mitkommen überredet hat. Später setzt ihr Mann empört die Perücke ab, legt sie über den Barhocker und setzt sich auf die Haare seiner Frau. So!, während Madame Katja Ebstein zunehmend melancholisch der Geschichte zuhört, die der Arbeitgeber erzählt, von seiner Kollegin die hier, genau hier, mit ihrem Mann am Tresen gestanden hatte und deklamierte: Ich hatte nur eine große Liebe, und Du bist es nicht! Es ist wie immer Zeit zu gehen, alle bleiben. Es wird alles exakt wie letztes und nächstes Jahr um diese Zeit, Halloween wird zur identischen Wiederholung und Vorwegnahme, die Grenze von Erinnerung und Gegenwart ist offen, die von Gegenwart und Zukunft auch. Die Unterschiede sind draußen vor der Tür, die Zeit bleibt außen vor, beim Totentanz stirbt niemand. “Ich wollte mir sicher sein, die große Liebe hätte mich nur zerstört. Wie ist das bei Dir?” Der Arbeitgeber - verkleidet als sein verstorbener Englisch-Lehrer, in Wendejacke und mit Schiebermütze - schiebt Werbeslogans für undefinierte Produkte vor seinem inneren Auge beiseite, die da permanent auf Wechselwänden seines inneren Raumes zu lesen sind…Lebensmittel.Punkt.Edeka…Flegel siegen. Segelfliegen… “Das einzige Interesse das ich an Nähe habe ist mir die Fortsetzung des Mummenschanzes unter intimen Bedingungen reinzuziehen…” …interveniert ihr Gatte, auf dessen Schädel die geplättete Echthaarperücke aussieht wie ein überfahrenes Eichhörnchen. Er hat aufmerksam zugehört und bei aller Süffisanz soll das heißen: dem Befragten steht die Antwort nicht zu, die er aber ohnehin nicht hätte geben können, weil der Nachhall der Frage zu stark gegenreizt. Bridge ist ein Partnerspiel, weswegen das Pärchen, der Este und er dabei immer Zoff haben. Wie ist das bei Bier?… Der ständige Verkehr vor seiner Haustür, der Ekel, wenn er am Rand steht, die Strasse überqueren muss… Der ständig fließende Verkehr: Blindes Gehorsam und Selbstbewußtsein zugleich. Jeder Fahrer unverwechselbar. “Also wenn ihr mich fragt ist das der einzige Tag im Jahr an dem die Leute wirklich sie selbst sind.” Mit morgen ist auch noch ein Tag fängt jede Horror-Story an.