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Barzahlung der Gefühle

“…kind of blue ist von Miles, nicht von Train…” Irrungen, Wirrungen. Angeblich existieren zwei eiskalte, unsichtbare Händchen, an deren Fäden die Welt hängt. Die eine verwandelt Irrungen, die zur Komödie werden könnten in Eskalationen der Rechthaberei, die auch Krieg genannt werden. Die andere verwandelt Irrungen, die zur Tragödie hätte werden können in Humor. In Mißverständnissen und Irrtümern nur die Basis von Heiterkeit zu sehen: was gäbe es Besseres, als sich von der Misere der Hinfälligkeit abzulenken. Da ist jedoch die dritte unsichtbare Hand (die des Marktes) vor. Gemäß dem Wettbewerbsgesetz, dass es in der Ökonomie keine Gewinner und Verlierer, sondern Nutznießer und Opfer gibt, reichen sich einander die machthungrige und die raffgierige Hand, ein Pakt, bei dem ihr alle einpackt! “…da sach ich dem, wie, sie wollen mir für nur 5 Euro was zum Geburtstag schenken? Ihr wollt mir was schenken, und ich soll dafür zahlen? Dem hab ich gesagt, Du Pisser, da hat der Stielaugen bekommen, da hätten sich zwölf Möwen drauf ausruhen können….” Sehr plastisch. In diesem Moment allgemeinen Gelächters hätte jeder dem Entertainer Ackermann-Gehälter gewünscht. Ebenso für die lehrreiche Expertise zu den Unterschieden zwischen Dope und Gras sowie den Weisen ihrer Herstellung…”kannste Butter draus machen und aufs Brot schmieren…wenn die Blagen schon mit Klüsen zum Deutschunterricht erscheinen, so rot wie die eines Automechanikers, der unterm Bodenblech eingepennt ist…weiße, Deutsch, so`n Laberfach…dann solln se sich deswegen wenigstens nich die Lunge ruinieren…” …gerne noch Bonuszahlungen obendrauf. Denn die eigentlichen Ungerechtigkeit besteht nicht in der Höhe des Lohnes. Wer Menschen exzellent unterhält…. “ei, is Euch mal bewußt geworden, dass Unterhalt und Unterhaltung eigentlich dasselbe sind…?” “You mean: here we are now, entertain us?” “…weil beides heißt, jemanden am Kacken zu halten. Indem man ihn ernährt und indem man ihn von seinem Elend ablenkt…” …und sie durch sein Wirken vergessen läßt, daß sogar (oder vielleicht grade) die trostloseste Existenz nicht umhin kann, das Ende ihres Dasein zu fürchten, der verdient was er einheimst. Ein Schauspieler, ein Fußballprofi, ein Stephen King unterliegen dem Urteil ihres Publikums. Das kann vernichtend sein und sie unterliegen, es kann wohlwollend sein. Sie werfen ihre eigenen Fähigkeiten unmittelbar in die Wagschale und machen aus dem Publikum Justitia, die sich von ihrer Blindheit angewidert die Binde vom Gesicht reißt urteilt und sich bei ihrem Urteil nicht um Gerechtigkeit und Ausgewogenheit schert, sondern nur darum, ob ihr gefällt, was sie sieht oder nicht. Es gehört Mut dazu, sich dieser Grausamkeit auszusetzen. Ein Ronaldino, der in der Hölle einer Arena seine Virtuosität entfaltet, der ist anerkanntermaßen so reich, wie genial, und der überwiegende Teil des Publikums wird sein horrendes Einkommen für gerecht halten. Deswegen ist es Schwachsinn, Großverdiener im Sport in einen Topf zu werfen mit Schremmppen, für die sich der Abbau von Arbeitsplätzen und die Vernichtung von Existenzen infolge eigenen Mißmanagements und Größenwahns durch steigenden Wert ihrer Aktien auszahlt, und die auch überhaupt keine Hemmungen haben, diese Option zu ziehen. Zu behaupten, wer letztere beneide, müsse sich auch über erstere aufregen ist unlautere Meinungsmache. Es geht nicht um Neid, sondern um die Legitimation des Vermögens: Anerkennung durch ein Publikum in Form von Beifall und Grausamkeit, die unmittelbar auf die Qualität meiner Darbietung reagiert, erkennen wir als Legitimation an. Auch Schmerzensgeld darf hoch sein. Ein Vermögen auf Kosten der Opfer eigenen Unvermögens zu erwirtschaften ist verachtenswert. Da muß man kein Gutmensch sein, um das so zu “Was brabbelst Du da eigentlich die ganze Zeit vor Dich hin?”, fragt der Wirt den Grauen. “Du sollst nicht grübeln, Du sollst kübeln. Umsatz! Mach mich reich!” Der Graue weiß: der Deckel, den er hier schon hat, wird heute weiter belastet. Der Wirt weiß es auch. Hier wird niemand reich. Doch es sei jedem der sich hier aufhält und zur Unterhaltung beiträgt, herzlich gegönnt. Auch wenn mal ein Spruch unter der Grasnabe daherkommt. So langs keinem wehtut…