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Idyll

Morgen Land

Herrlich. Der Morgen, nachdem Markus Lanz sich mit brüchiger Stimme von seinen Zuschauern verabschiedet. Der Mangel an kontroversen Themen lässt die Quoten in den Keller sinken und bevor niemand mehr seine Sendung sehen mag bricht er lieber zu einer ausgedehnten Russlandreise auf. 

Ein angenehm frischer Julitag. Das Wohnzimmer zu einer Hauptverkehrsstraße hin geöffnet, dennoch ist nur ein leises Schnurren von den H-Mobilen zu hören und die Luft ist so rein wie das Gewissen eines Radprofis. Stünde nicht jedem seine eigene geriatrische Apokalypse bevor wäre das Leben makellos schön.   

In entlegenen Ecken der dank digitaler Vernetzung, globalen Lieferketten und weltweitem Transfer von Personen und Zoonosen geschrumpften Welt herrschen Hitze und Dürre. In Mitteleuropa dagegen gedeihen Pinienwälder und Cannabisplantagen im mediterranem Klima. Selbstgespräche führende Obdachlose können in Müllcontainern wühlen ohne dass ein Klappe zu Affe tot aufgrund eines Hitzschlags droht und auch ohne eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Kinder unter 12 Jahren müssen in Eisdielen nicht bezahlen. Italienisch avanciert zur deutsch-französischen Weltsprache. Wenn dennoch jeder einzelne Mensch vom Aussterben bedroht ist liegt dies daran, dass jeder der letzte seiner Art ist. Bis der Abschaffung der Personalpronomen zwecks Förderung des Gemeinsinns die Abschaffung von Verschiedenheit im Doppelsinn folgt werden noch einige Gletscher komplett abtauen.   

Die Beitrittsgespräche der Westukraine mit der EU machen Fortschritte. Das Ergebnis des Referendums im Dombas war eindeutig. Der Dombas gehört nun zu Russland. Der Gesundheitszustands Putins ist nach seinem Schlafanfall weiter ungewiss. Donald Trump sitzt in Haft. Joe Biden erhielt einen Zellaktivator. China ist aufgrund einer in den Reihen der Funktionäre grassierenden Gelbfieberepidemie mit sich selbst beschäftigt. Anscheinend erleiden nur Mitglieder des Politbüros eine Infektion mit schwerem Verlauf. Die Mediziner stehen vor einem Rätsel. Borat behauptet, kasachische Bioingenieure stecken hinter der Seuche. Diese Hypothese ist zwar nicht glaubwürdig, gleichwohl stoppen die Chinesen die Ausfuhr von Skorpionen nach Kasachstan, die dort als Delikatesse gelten. 

Um dem unstillbaren Bedürfnis der Medienkonsumenten nach gleichzeitig großspuriger und kleinkarierter Nörgelei zu entsprechen baut Netflix vorsätzlich dramaturgische Mängel und narrative Längen in die Serien ein. Für die ewig Gestrigen integriert man Erzählstränge, in denen nichts wichtiger ist als Familie. Sozusagen das Surrogat des Goldenen Blattes in den Frisiersalons des vergangenen Jahrhunderts.

Elon Musk fand - inspiriert von einer koreanischen Fernsehserie - Süßwasser im Inneren des Mondes. Damit füllte man Stau- und Binnenseen, auf denen zahlreiche Stand-up-Paddler zum Vergnügen der Spaziergänger an den Uferpromenaden Stand-up-comedies aufführen. Die Stimmung in der Bevölkerung ist überwiegend heiter bis high, dank üppigem Mindestlohn und selbstfahrenden Automobilen, die man auch sturzbetrunken nutzen darf. Alles ist ganz wunderbar, gleichwohl oder übel...

...hofft man, da man nur noch die Lebenserwartung eines Hundes hat, auf die NSA. Hofft, die NSA möge so viele personenbezogenen Daten über einen speichern, dass es einem Leben nach dem eigenen Tod gleichkommt, einer Sicherungskopie, die den Rand des Schwarzen Lochs am Ende der eigenen Existenz als Speicherfläche nutzt. Wie sonst der Ungerechtigkeit begegnen, dass es ein Leben nach dem Tod nur für die anderen gibt? 

Während sich junge Emporkömmlinge an den Segnungen des mitfühlenden Kapitalismus erfreuen fragt man sich, womit man die Wartezeit bis zur Agonie überbrückt. Wie wäre es mit dem Versuch, die eigenen Bücher besser zu verstehen? Dazu müsste man nur welche verfasst haben. Zumindest in Gedanken. Invece di questo vogliamo stare a casa, während draußen halbwüchsige Pärchen entgegen der Fahrtrichtung auf H-Scootern die Radwege entlanggleiten, arrogant wie vermählte Schwäne, und die Sonne, da sie keine andere Wahl hat, auf diese schöne, brandeinsneue Welt herabscheint. Man zieht die Rollläden herunter als präpariere man sich für einen Selbstmord und schaut tage- und nächtelang Serien, in denen Pandämonen,  Nuklearkrieger und Dürren biblischen Ausmaßes die Menschheit heimsuchen. Es erscheint einem ein logisches Unterfangen. Psychologische Prophylaxe, denn jeder erleidet seinen eigenen Weltuntergang.  

Vor die Tür wagt man sich kaum noch - aus Angst vor den Scooter- und Radfahrern, die den Bürgersteig als Rennstrecke nutzen, aus Furcht vor Wespen, die einem ins Auge stechen, aus Respekt vor dem Zorn von HHarley-Fahrern, die genötigt wurden lautlos ihre Bräute spazieren zu fahren. So viele neue Todesgefahren lauern in den leisen Städten. So viele Zumutungen. Die Rolltreppen sind entweder defekt oder okkupiert von rücksichtslosen Personen, die abwärts fahren. 

Allenthalben gute Nachrichten. Die Bekämpfung des Schnupfens steht vor einem Durchbruch. Ein Retrovirus namens Omikron beugt ihm wirkungsvoll vor und therapiert effektiv. Das COVID-Nasenspray duftet nach Lavendel und vertreibt als willkommener Nebeneffekt Lebensmittelmotten und Fruchtfliegen. Es leistet nichts gegen die Dreistigkeit von Menschen, die ohne Not Rolltreppen abwärts benutzen während eine Etage tiefer Gichtgeplagte darauf warten, dass es aufwärts geht. 

Das elektromagnetische Kraftfeld, das Europa von Afrika trennt sorgt für kontrollierte Flüchtlingsströme. Rechtsradikale Parteien trocknen aus wie die Flüsse in Osteuropa. Zugegeben, die Sommer sind ungewöhnlich heiß und die Alpengletscher sind verschwunden, doch intelligente Baustoffe und Farben sorgen für optimale Lichtreflektion. Industrieparks, Einkaufzentren und Wohnsilos ersetzen das Eis, dessen Ewigkeit am Ende ist. 

Flüsse und Talsperren sind gigantische Abenteuerspielplätze. In den aufgetauchten Schiffen und Städten spielen Kinder Verstecken. In Fitnessstudios  halten Greise sich fit für ihr Begräbnis. Die europäische Kommission für die Optimierung der Völkerverständigung hat (gegen die Stimme von Frankreich) beschlossen, die jeweiligen Landessprachen zwar beizubehalten, sie jedoch mit der englischen Sprache zu verschmelzen. Fortan spricht man in Italien Italienglisch, in Belgien Benglisch, in Deutschland Denglisch, in Ungarn Unglisch, in Frankreich sollen sich auch die Gegenstimmen in Frenglisch erheben. Warum not?  

Wäre man jetzt am Meer so würde es nach Sonnenöl und Chlor riechen wie Kindheitserinnerungen an endlose Tage in Freibädern. Illusionen. Chlor ist geruchlos, bis es in Kontakt mit Ausscheidungen gelangt. Morgens würden alte Männer ihre Regiestühle am Strand aufstellen, als sei der Sonnenaufgang Produkt ihrer Inszenierung. 

Lebte man immer am Strand unter dem Tütenfall des Meeres könnte man in Anbetracht von Sonnenschirmen mit Wassermelonenhälftendesign und eingelullt von fernen Booten herüberwehender Tears for Fears-Oldies (...Mad World...) in aller Ruhe interessanten Fragen nachsinnen. Zum Beispiel  ob das generalisierende Personalpronomen `man` grundsätzlich männlich gemeint ist, wobei das fehlende n die Rippe repräsentiert aus der Gottvater sein Ebenbild schuf. Ob dem Verzicht auf sämtliche auf der Eindeutigkeit des Geschlechts beruhenden Konventionen sozialer und sprachlicher Natur nicht der Verzicht auf Personalpronomen folgen sollte. Warum nicht damit anfangen? Ersetze das phallische Pronomen `man` durch `one´. Läuft.

Nächster Schrift...pardon...nächster Schritt: die Aufhebung der Trennung von Imagination und Realität (für Lacanadier ist das Imaginäre ohnesinn das Reale) nach Belieben. One viva al Mare pero...aufschreiben wird aufgeschoben bis es regnet. In der Idylle verschenkt Aufschreiben kostbare Freizeit. 

So indes ist es nicht. Stattdessen möchte man seine Träume begraben, weil sie zu Alpträumen wurden. Man erinnert sich daran, dass die Mutter mit einem während der Kubakrise schwanger ging. Man hat die Furcht vor einem nuklearen Armageddon mit der Nabelschnur aufgesogen. Erklärt sich unzählige Ängste und Neurosen mit dieser pränatalen Prägung, die anscheinend anlasslosen Sorgen, die Antriebslosigkeit mit der Angst und der Ohnmacht der Eltern. Während man im Cafe` neidvoll Kletterern zusieht, an deren Rucksäcken Kletterschuhe baumeln wie einst Teddybären am Gepäck von per Interrail die Welt erkundenden StudentInnen beglückwünscht man sich, dass es einem grade eben gelingt, sich eine Zigarette anzuzünden. Man hat schlagzeilenartig erkannt, worauf die eigene Furcht beruht (dem Kremlin sei Dank), doch entpuppt sich in Anbetracht eigener Ohnmacht die Erkenntnis nicht als Schritt zu Besserung. 

Der Kremlin verhängt das Kriegsrecht. Man schöpft Hoffnung. Das Kriegsrecht sieht laut Charta der Vereinten Nationen vor, dass der Einsatz bestimmter Waffen (z.B. Atomwaffen) verboten ist. Man könnte die Verhängung des Kriegsrecht als Hinweis darauf verstehen, sich an die UN-Charta zu halten. Wäre nicht schon der Ukrainekrieg an sich ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Man könnte es auch als Anerkennung der Ukraine als Staat verstehen (sonst würde der Ausnahmezustand, nicht das Kriegsrecht gelten). Wir könnten, aber...(Einstürzende Neubauten, `Haus der Lügen`, Prolog) 

Man fragt sich, ob es sich noch lohnt dieser Wirklichkeit (Wirklich ist was wirkt) Fiktion abringen zu wollen. Hätte Wallace keine Zweifel ob der Bedeutung seiner Hinterlassenschaft gehegt, würde er womöglich noch leben. Man hat Verständnis für die Fridays for no future-Kids, die sich in die hektische Bedeutungsverweigerung ihrer Downloadorgane und die Romantik des Klimaschutzes flüchten. Was sollen die mit Romanen? Wenn überhaupt mögen Essays und vielleicht Aphorismen auf Twitter Interesse an der Lektüre wecken. Wozu der Aufwand, wenn es einem Putintaten gefällt endlich mal ein Spiel gegen die USA zu gewinnen, die immer Erste waren so wie die Chinesen beim Tischtennis. Die erste Atombombe gezündet, die erste abgeworfen, die Ersten auf dem Mond. Zu toppen ist das, indem man als Erster offensiv die Weltzerstörung vorantreibt, statt dies der Erderwärmung zu überlassen (das wäre unzivilisiert). Schlimmstenfalls endet das Spiel unentschieden (und es gibt keine Verlängerung).

Angesichts der Weltuntergangsszenarien gewinnt Idylle an Gewicht. Dies ist Grund für das Verfassen von Prosa, statt Artikeln. Frei vom Zitatzwang sein, frei vom Diktat der Fußnote. Paradiesische Zwanglosigkeit am Computer. Ungepflegte Langeweile am Strand. 

Im letzten Moment will man sich auf die 2 Quadratmeter eines Strandtuchs zurückziehen, umgeben von Habseligkeiten, die am Lebensende wichtig und rasch konsumierbar sind. Zigaretten und Bier. Kurzweiliges, denn es gibt keinen Day after. Auch wenn der Kremlin verkündet, er zünde nur so viele Atombomben, wie es die Reduzierung der Erderwärmung erfordert. Bis dahin beschäftigt man sich mit der Lektüre eigener Texte. Was hat man bloß damit gemeint? Was hat man sich eigentlich dabei gedacht? Dabei trinkt man zugleich viel zu viel und viel zu wenig. 

Delphine begleiten das Boot. Zum ersten Mal seit Zeiten von Flipper sieht man Delphine. Bei einem nuklearen Winter würden die Meere zufrieren, die Meeresfauna konservieren für eine leblose Nachwelt, Körperwelten ohne Publikum wie bei einer Pandemie. Die Katzen im Nachbarhaus haben Nachwuchs. Beinahe mehr als die Auslöschung der Menschheit erzürnt die Arroganz, jedes Leben in die Dantesche Hölle zu schicken, die bekanntlich kalt ist - Dante wusste, was auf die Menschheit zukommt, die irre genug ist, derartige Machtbefugnisse in Persona nicht nur zuzulassen, sondern auch die Werkzeuge herzustellen, die homophobe Zwerge dazu befähigen, das Artensterben durch Massentötung zu beenden. 

"Du hättest es kommen sehen müssen und hättest es nicht verhindern können. Kaum sind die Mellonis an der Macht steht das Recht auf Abtreibung und das Wahlrecht für die Frauen zur Disposition. Der Kampfschlumpf gab die Richtung vor. Die Vision einer geostrategischen Rückkehr zu Verhältnissen vor dem ersten Weltkrieg steht im Dienst der Rückkehr zu den damals gültigen Werten. Abschaffung der Gleichberechtigung der Geschlechter. Wiederauferstehung des erbarmungslosen Patriarchats. In den USA frohlocken die Trumpisten. Wiederherstellung der Rassentrennung. Verbrennung der Schriften von Darwin. Wiedereinführung der Todesstrafe in allen Bundesstaaten. in Deutschland demonstrieren Apotheker gegen die Legalisierung von Cannabis. Wohin mit Dir?" 

Man zieht sich zurück auf die Insel der selbst erschaffenen Fiktionen. Kein Mensch, keine Bedrohung, nicht einmal anderen Autoren ist es gestattet, diese Insel zu betreten. Das Schlimmste was einem passieren kann sind Sehnsucht und Begehren. Man ist sicher, dass Robinson und Freitag von Einsamkeit und Begierden getrieben übereinander herfielen wie Tom Hanks über einen Volleyball. 

Joyce beklagte sich bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges: `Dann wird wieder niemand mein Buch lesen.` Wenn er diese Klage ernst meinte zeugt es von einer ungeheuren Überheblichkeit und einem ungebrochenen Optimismus. Arroganz, da er sein Buch (Finnegans Wake) für wichtiger hält als Leben und Tod (Jahrzehnte später das Fazit: `Bei Fußball geht es nicht um Leben und Tod. Es geht um viel mehr.), Optimismus, weil er meinte ohne den Krieg würde irgendwer Finnegans Wake lesen. 

"Wenn Du einen letzten Wunsch hättest: überlasst das Schicksal der Welt der finnischen und neuseeländischen Regierung. Das Grundübel ist toxische Männlichkeit. Versuchen wir es mit einer pazifistisch-feministischen Variante."

Die Weltklimakonferenz: Triumph der Menschlichkeit. Man beschließt einen Fond zu Gunsten der von Klimakatastrophen betroffenen Länder. Ansonsten beschließt man nichts. Die Botschaft ist eindeutig. Wir werden einen Rotz zur Eindämmung der Klimakatastrophe unternehmen. Wir zahlen für die Beerdigungen, pardon, die Seebestattungen.

Der morgendliche Kaffee riecht nach rohem Fleisch. Am Abend drehen sich die Gespräche um Demenz, Vorsorge, Rente, Krebstherapie. Man wäre jetzt gerne an Bord eines Flugzeugs. Unter wildfremden Menschen mit denen man nichts gemeinsam hat außer dem Zielflughafen.  

"Was redest Du da über nukleare Bedrohung und Krieg? Bis auf das notorische nordkoreanische Rumpelstilzchen sind alle friedlich. Komm ins Bett." Erst noch duschen. Hysterisches Gelächter wegen der Aufschrift auf dem Dead Sea-Duschgel. + 20 Prozent Inhalt nur für kurze Zeit. Sollte man meinen, nämlich genau so lange bis die 20% verbraucht sind. "Siehst Du? Wenn Du Dir über sowas Gedanken machst hast Du keine Sorgen. Höchstens Albträume." Sie kann unmöglich hier sein. Sie ist bei einem Boottrip an der sizilianischen Küste spurlos verschwunden. Kurz vorher staunte man gemeinsam über Katastrophenszenarien auf einer Kirchenmauer. Das Meer verschluckte sie bei ruhiger See. Die Entsprechung eines Luftlochs im Wasser, nur dass kein Auftrieb entstand. Kann Sie unmöglich hier sein? "Der runde Geburtstag macht Dich nervös. Man wird halt nur einmal 40." 40? Da kannte man sich noch gar nicht. Man blickt aufs Handy. Es ist 2022, die Gegenwart, in der ist man längst nicht mehr 40.  

Warum man? Was soll die Distanz zu sich? Man hat mittlerweile mehr tote Freunde als Lebende. Kann gar nicht genug von sich absehen. Man könnte sich glücklich schätzen in dieser schönen Welt. Alle Vergnügen sind erschwinglich seit der von der Europäischen Union beschlossenen Spaßpreisbremse. Fitex für 5 Euro im Jahr. Flugpreisdeckelung bei 100 Euro pro tausend Meilen. Tantrasitzungen auf Rezept. Lieber schließt man sich weg, sobald das Meer außer Reichweite ist. Was trieb einen zur Rückkehr an diesen Ort hier? Sobald man hier erwacht, hat man weder eine Ahnung wie man hier hin gelangte noch ob man überhaupt weg war. Sicher nur das Gespenst, das einen verfolgt, einem vor der Haustür und der Kneipe auflauert. Gabi heißt es. Einst ein Kompliment für einen Text: man habe eine Gabe, man solle sie mit der Welt teilen. Quatsch. Man hat eine Gabi.  

Der Unterschied zwischen lebensbedrohlich und lästig verschwimmt. Todesgefahr vergessenes password fürs Onlinebanking, lebensgefährlicher Inhalt von Postfächern, katastrophale Folgen zu spät beglichener Rechnungen. Als befände man sich an vorderster Front einer Schlacht, am Rand eines Abgrunds, schutzlos einer Seuche ausgeliefert, die wütet. Die Anzahl der olympischen Spiele, die man noch erleben wird im niedrigen, einstelligen Bereich. Neues Allgemeinwissen entzieht sich in unermessliche Fernen. Bluetooth. Cloud. Fleisch aus Stammzellen. Kryptowährungen. Man versinkt in einen Zustand sozialer Demenz. Die Zukunft: Haare, die einem büschelweise aus den Ohren wachsen. Unerfüllbare Sehnsüchte nach körperlichen Betätigungen, die einem Erfolgserlebnisse verschafften. Gewaltmärsche auf Gipfel, Klettern an Steilwänden mit Blick auf Küstenlandschaften. Wehmütige Erinnerungen an gefährliche Wanderungen mit atemberaubender Aussicht. Angst davor, Dinge das letzte Mal zu tun. Kreative Prokrastination. Man hätte viel zu sagen, aber wem und wozu? 

Man findet keinen Gefallen an dem, der aus dem Spiegel starrt. Die Quittung für den Altersrassismus, der einem anerzogen wurde: der wachsende Selbstekel.  

Warum nennt man Strandverkäufer Strandverkäufer? Die verkaufen ebenso wenig Strand wie Fliegende Händler Fliegen. Denen kaufte man eben noch Modeschmuck und Lebensgeschichten ab, dann katapultierte einen die Fluggesellschaft auf den Weihnachtsmarkt. Hier, in der feuchten Kälte zwischen den Schaubuden, bittet ein Obdachloser mit Weihnachtsmütze die backfischkauenden und glühweintrunkenen Passanten um Kleingeld. Die Armut ist blaugelb, noch das größte Elend eignet sich als Werbeträger für Discounter. Die Armut schläft bei Minusgraden in Hauseingängen, notdürftig in vorweggenommenen Leichensäcken vor dem kalten Klima geschützt, das sich in Schneeregen und empörten Blicken manifestiert. Das sind die Leute, die es sich stinkreichen Meinungsführern zu Folge in der sozialen Hängematte bequem machen. Bodenlose (Hängematte) Frechheit gegenüber am Boden Zerstörten. 

Man erinnert das juvenile Befremden, wenn Senioren sich über ihre Krankheiten und Gebrechen austauschen. Nun ist man mittenmang. Es werde Gicht. Eine Art Rose. Das Darmspiegelstadium. Die Zumutungen des geschärften Langzeitgedächtnisses bei gleichzeitiger verlässlicher Vergesslichkeit. Es zieht einen zurück ans Meer, an Orte, wo niemand weiß wann man Geburtstag hat (außer Facebook). 

Eine Fußball-WM im Winter, mitten in der Wüste. Moderatoren prangern Menschenrechtsverletzungen an. Auf demselben Kanal Werbung für den Urlaub in Katarrh. Zur freiheitlichen Gesellschaft gehört es Wiedersprüche zu ertragen. So legitimieren die waschechten Demokraten ihr Doppelsprech. Man macht selbst mit. Pünktlich zum Anpfiff trifft man sich zum public viewing. Dennoch boykottiert man die WM. Schließlich ist man nicht hingeflogen.    

Erfolgreiche Menschen treffen schnelle Entscheidungen. Posaunt ein Werbeslogan in der U-Bahn. Erfolglose Menschen treffen auch schnelle Entscheidungen. Skrupellose Menschen ebenso. Als wäre die Schnelligkeit einer Entscheidung nur eine Voraussetzung für Erfolg, nicht für fatale Konsequenzen und Kollateralschäden. Der Typ auf dem Display sieht aus wie jemand, der über Leichen geht. Erfolg gleich Gefühlskälte und Brutalität. Man sollte sich in vieler Hinsicht ans Frieren gewöhnen. Die Doppelfunktion der Bilder von Krieg und Frost: Mitgefühl erzeugen ebenso wie ein schlechtes Gewissen beim Heizen. Daheim kindische Rebellion. Man dreht das Thermostat bei offener Balkontür auf.  

Während anderswo nicht weit entfernt Menschen Zuflucht in Kühltruhen suchen, in denen es wegen der Zerstörung der Infrastruktur wärmer ist als draußen schaut man den ganzen Tag Wintersport. Vorzugsweise Biathlon. 

Das immer Zahnpastafrische der digitalen News, die glatte geschmeidige ewig junge Haut der iphones und pads, aus denen in einer Tour podcasts, Werbeclips und Katzenvideos sprießen...falsches Versprechen der ewigen Jugend ihrer Benutzer. Ein Blick in den Spiegel genügt, um zu wissen was wahr ist. Gerne hätte mans umgekehrt, dass jedes Display das Bildnis des Dorian Grey ist. 

Ein Hoch auf die Prokrastination. In der Nachbarwohnung Duschgeräusche von jemandem, der sich auf seinen Arbeitstag vorbereitet. Begleitmusik zum Morgengrauen, während man selbst die Wohnung nicht verlässt, obwohl man sich für heute so viel vorgenommen hatte. Müll raustragen. Leergut wegbringen. Sogar die vierte Impfung. Stattdessen schlürft man die vierte Tasse Kaffee, während man der sympathischen Propaganda Selenskys lauscht, dem David Lettermann rhetorisch einen roten Teppich ausrollt. `Krieg ist keine Entschuldigung`. Die Arbeit muss getan werden. Dem Streamingpublikum in aller westlichen Welt wird vor Augen und Ohren geführt, dass es Wichtigeres gibt als das Leben. Die Gemeinschaft. Die Solidarität. Opferbereitschaft. Der Erhalt des Überbaus, dem das Subjekt unterworfen ist. Daher muss der Komödiant die Männer zum Dienst an der Waffe verpflichten. Das Publikum nickt mit dem Jedischädel Wolfgang Schäubles. Wort des Jahres: Zeitenwende. Schaudernd krümmen sich Geodäten, Weltlinien Wohlstandsverwöhnter biegen sich vorwärts in die Vergangenheit, gleichwohl wird man nicht jünger. Weshalb diese Man-ie? Dieses panische man-isch Man-irerte? Absurdes Bestreben durch maximale Distanz Unvermeidlichem aus dem Weg zu gehen. Dem Zugriff von Mächten, die nicht hinterfragt werden, weil sie trotz ihrer zerstörerischen Wirkung nie notwendiger waren als jetzt. Sehnsucht nach den beruhigenden Geräuschen an Bord eines Flugzeugs, das auf Wolken surft, 10000 Meter über Wettbewerb und Krieg wirft einem niemand vor, wenn man nichts wichtiger findet als das Leben.   

Überleben ist unmöglich. Also arbeitet man am Überdauern. Errichtet das Textmausoleum namens website, auf dass sich irgendwelche virtuellen Passanten dorthin verirren, vielleicht auf der Flucht vor alledem, was wichtiger ist als ihr Leben. Marketing und Wehrhaftigkeit, Landes- und Werteverteidigung, geschlossen bleiben wenn man beschossen und beschissen wird. Notstromaggregate an der Front, um das Millionenspiel Fußball zu schauen. Narrativ des Spitzensports: Hochleistung ist gesund. Der Krieg ist keine Ausrede. Schreibt Euch das hinter die Ohren, ihr Heerscharen in Bullshitjobs, die über Niedriglohn und emotionale Dissonanz jammern. Kohärenzsinn und psychische Gesundheit. Wenn ich sowas schon höre! Unerhörte Klagen.

Die Wiederkehr der immer Gleichen - Serienhelden auf der Matschscheibe, alte weiße Männer im DFB und Stammkunden in der Pinte sorgen für Kontinuität, anspruchslose Abwechslung und erfolglosen Fußball. Fernsehen, geselliges Saufen und Fachsimpeln über falsche Neunen: Sedierende Tageszeitlosigkeit, so als gäbe es weder Sonnenauf- noch Untergang noch Altersdepression und Tod. Zeitvertrieb inmitten gespielter Witze: gibts Buchstabensuppe mit Gendersternchen und @-Zeichen? Was ist mit Russisch Brot? Darf man das überhaupt noch so nennen?  

50 Jahre Schäuble. Dass die Abgeordneten einen Rollstuhlfahrer mit Standing Ovations feiern verleiht dem Jubiläum eine den Zeiten angemessene makabre Note. In der Rede bemüht Wolfgang Schäuble das Bild von der Krise als Chance. Unermüdlich werden Katastrophen zu Krisen verniedlicht. 

"Irritiert lauschst Du den Verschwörungstheorien, die das Meeresrauschen von den Strandcafes zu Dir herüberträgt, während Du im Schatten eines Kirchturms auf einer Bank kauerst, im Bemühen Dich weg zu ducken von Sonne und Beobachtung. Hinter dem Sprengstoffanschlag auf den Kreml steckt Greta Thunberg. Sie will einen Weltkrieg anzetteln, der auf einen Schlag sämtliche fossilen Energien verbraucht. Kolumbianische Drogenkartelle entwickeln tödliche Virenstämme, gegen die nur Kokain und Cannabis helfen. Das Schmelzen der Gletscher, der Anstieg des Meeresspiegels werden forciert von Schiffsbaukonzernen, die von schwimmenden Städten träumen. Nicht weit weg von den Sphären in die er wegdriftete, in eine Welt der Pandemien, die Millionen Menschen in Quarantänen zwingt und in der das Gesetz des unrestricted warfare regiert. Krieg in Europa, Artilleriebeschuss auf Kernkraftwerke, radikale Klimaschützer stürmen Kunstwerke und Landebahnen, treiben den Umsatz für Klebemittel in schwindelnde Höhen, schwindelnd, weil der Stoff auch exzessiv geschnüffelt wird. Immerhin - in dessen Welt werden alle verfolgt, nicht nur Du." 

Man meidet: zeitgenössische Freunde, deren greisenhafte Gesichtszüge die eigene Zukunft spiegeln. Neu gegründete Bars, die von jungen Leuten frequentiert werden. Somit bleibt die soziale Schnittstelle unbesetzt. Statt sich unter Menschen zu begeben sucht man Onlinetherapeuten auf, über deren Alter man nichts weiß. Dabei kennt man die Diagnose. Man ist paranoid. Weder wird die Welt von einem Virus heimgesucht, noch droht ein Autokrat mit der nuklearen Vernichtung Europas. Chinas neue Regierung erkennt die Unabhängigkeit Taiwans an. Fukuyama behält Recht, Huntington irrte und ist nur noch eine Krankheit. Die Weltklimakonferenz hat sich auf konkrete Maßnahmen zur Reduzierung der Erderwärmung geeinigt. `Sie`, diagnostiziert derdiadas TherapeutIn, `erzeugen für sich ein dystopisches Weltbild, weil sie sich vor Tod und Alter fürchten. Sie wollen in einer Welt leben, in der es sich nicht zu leben lohnt.` Nein. Paranoid ist man, wenn man die Welt so sieht wie sie ist. Mist.   

Der grimmige Trost von Filmen, deren Musik sphärendisharmonisch klingt. Aneurysmagesänge. Iktussinfonien. Demenzopern.  `The Stranger`, ein Film aus dem moralischen Outback. 

Was könnte übler sein als Spiegelbilder in Aufzügen? Jedes Nasenhaar gestochen scharf. Tieflila Tränensäcke. Nichts wie raus. Zwar hat man die Fähigkeit, ohne Anerkennung zu leben, aber will nicht wahrhaben, dass man aufgeschwemmt wie eine Wasserleiche aus der ungewaschenen Wäsche guckt. Immerhin droht keine Belästigung durch Sex. Es sei denn man gerät an jemand Nekrophilen.

Auf Italienisch heißt ein Neugeborenes Neonato. Kaum auf der Welt, schon Bestandteil eines Militärbündnisses. Die cerebrale Nebelkammer erzeugt Träume von schwarzen Galaxien, unerbetene Langzeiterinnerungen, alberne Kalauer, immer kürzere Textschnipsel. Die Zeit rennt einem davon.  

"Du liest einen Artikel über Supererden, einige Lichtjahre entfernte Welten, die überkritisches Wasser umhüllt, dicht wie eine Flüssigkeit, fluid wie ein Gas. Wäre da Leben möglich, für Dich, in welcher Form auch immer, spiritualized, floating in space, oder gar nur ritualized? Klar ist nur, dass Du hier nicht bleiben kannst, so oder so nicht, sei es weil Du hinfällig bist oder pleite oder aus dem Verkehrten gezogen wirst. Schon jetzt traust Du Dich nicht mehr an Sandstrände, willst gar nicht erst den Anschein erwecken hierherzugehören, immerhin hat die über Dir surrende elektronische Hornisse noch keinen Laser auf Dich abgefeuert - sagt man das so bei Lasern? Dein Platz ist das Riff, wo Du zwischen Krabben und Seeigeln im Wasser hockst und Flaschenpost liest, die nur für Dich bestimmt ist, unbestimmt für die Drohnen. Bestimmt von dem Eingebildeten, von dem Du nicht weißt, ob Du ihm im Traum begegnetest oder in der Welt, die sich für wirklich hält:  

`Es gäbe allen Grund, sich nicht zu beklagen. Es wäre eine Welt denkbar, in der kein Wasser mehr da ist, um Waldbrände zu löschen (geschweige denn, um Durst zu löschen), in der Bill Gates mit seinen Unkenrufen über die Konsequenzen von Pandemien rechtbehalten hätte, Kremlins in die Ukraine einmarschiert wären und dem Westen zur besten Sendezeit Atomschläge angedroht hätten (wobei meine Stammkneipe sich mutmaßlich mittenmang in Ground Zero befunden hätte). Da es aber nicht so ist – schönen Gruß an Kafka, dessen Parabeluniversum den Film Event Horizon vorwegnahm – kann man frei von externer Bedrohung in seelenloser Unruhe erklecklich eklektizistischen Gedankengängen nachgehen, während man einem Hund zusieht, der auf einem Longboard durchs Wasser gleitet, König der Welt. Standuppaddling als Standupcomedy.  Es ist nicht einmal der Mühe wert, die Gedankengänge eigenhirnig anzulegen, es wirken längst Algorith-Men (s.o.), die einem das Denken vorwegnehmen, es nicht etwa nur in zielgruppenorientierten Werbebeschuss transformieren, sondern in antizipierte Protokolle des geistigen Restlebens in dieser absichtsvoll in den Überlagerungszustand gebrachten Gesollschaft. Es existiert demnach keine Möglichkeit, sich nicht zu äußern. Man wird geäußert, in korrekter Instagrammatik. Inklusive Kofferwörtern, die kaum zu vermeiden sind, da das Unbewusste strukturiert ist wie eine SpRache. Warum also nicht bei Finnegans Wake ansetzen, wenn Essig um Krieg und Nostalgie dreht?

Bleiben sollte – zum Missfallen des Algorithmuss, der Pseudofragen, die im Anschluss an längst vergebene Antworten generiert wird, ein auf den Kopf gestelltes allgemeintes Jeopardy – das Pronomen `We`, denn dass es we Wie gesprochen wird charakterisiert das generationenübergreifende Menschheitsgewisper. Überlagerungen: nicht Viehsionomik wie in Whatsegg, sondern We(e)seeinomik. Das We, welches das Wie ist, in Wiesionen, im Wieso, im Wie der stand ist zwecklos (1:0 aufgrund eines Blackouts des Innenverteidigers D. Fence).  In Finagains Week, das der Superposition der Quantenzustände die einigenerachtens adäquate sprachliche Gestalt verleiht. Kofferwörter = semantische Überlagerungszustände. Den ehedem fürderhin namenlosen Elementarteilchen, die ausschließlich im Verbund existieren, gab Gell-Mann den Namen `Quarks` der auf eine Textpassage in FW rekurriert: `Three quarks for Muster Mark!` . Aus drei Quarks (übersetzt: Krächzer) ist das Proton zusammengesetzt. Dem ausschließlich koexistenten Vorkommen der Quarks (dem Confinement) entsprechen die in den Kofferwörtern koexistierenden sprachlichen Elemente, die sich zu einem Wort fügen. Es ist zu erahnen: FW strotzt vor Komplexität. Wie JJ schadenfrohgesättigt anmerkte: `Ich habe so viel reingepackt, dass Literaturwissenschaftler noch in Jahrhunderten damit beschäftigt sein werden.`  Sind sie: `Allein für den Wake, wie er unter Eingewaketen genannt wird, sind im Verfahren eines langsamen Lesens (…) ganze elf Jahre veranschlagt, und danach geht’s wieder von vorne los.` (Fritz Senn, Fröhliche Wissenschaft, zitiert aus irgendeinem kollektiefen Gedichtnis). Elf Jahre. Und dann von vorne. Für ein einfaches Buch, von dem vermutet wird `dass der eventuell irgendwann einmal entdeckte Handlungsfaden sehr, sehr dünn sein wird.`  (Johannes Fischer) und dass `einigen als wichtigster Meilenstein der Weltliteratur gilt, während andere es schlicht für Unsinn halten.` (Lustauflesen.de, Jochen Kienbaum, Finnegans Wake – Kunst oder Nonsense?). Praktisch, dass es Arno Schmidts Readers Digest Version gibt (gemäß derer JJ lediglich eine Stanislaus über die Leber gelaufen war, was ihn dazu veranlasste sich 17 Jahre literarisch mimimi einer Kainabelschlaumeierei zu widmen). Den Teufel werden wir tun, uns in dieses unendliche Spaßverderben zu versenken. Von Interesse ist das Scheiden der Geister, die Polarisierung zwischen Verehrer und Verächter, die sich entsprechend der Kongruenz von Kofferwörtern und Überlagerungszuständen unter Mathematikern wiederfindet, deren Sprache Superpositionen zu beschreiben vermag. Passend zu JJs überkomplexer Wortakrobatik, die er zwecks Erzählung einer primitiven Geschichte betreibt, streiten sich die Mathematiker über Umgang und Einordnung Shinichi Mochizukis vorgeblichem oder faktischem Beweis der ABC-Vermutung von Masser und Oesterle, die auf der einfachen Gleichung a + b = c beruht, jedoch die These vertritt, dass wenn a und b durch eine Vielzahl von Primzahlen teilbar sind, dies für c nicht gilt. SMs Beweisführung umfasst 1000 Seiten in einer eigens dafür geschaffenen Sprache und Mathematik: `Mehr als tausend Seiten dichte Matheschachmattik, die kaum einer versteht: Viel unendlichen Spaß dabei.` ( s.ä. Marlene Weißwas, `Japanischer Mathematiker gilt als genial, aber niemand versteht ihn`, SZ, 30.08.2016 nach verpönter Zeitrechnung). Während der Gelehrtenstreit tobt, ob die Beweisführung stichhaltig oder eleganter Unfug ist, kommen einige Kollegen zu der Schlussfolgerung, die Überprüfung lohne nicht den Aufwand `und sehen nicht ein, dass sie Jahre ihres Lebens und ihrer Karriere in dieses Gewirr investieren sollen`. Eben deshalb legten wir Finnegans Wake beiseite und ließen JJ Bichsel sein. Uns ist die Zeit zu schade, uns im Detail mit der Bewerkung von Mammutwerten und ihrer Qualität zu befassen (Humbuglugundtrug oder Geniales aus anderen Welten, was bei hinreichender Komplexität so wenig auseinanderzuhalten ist wie fortgeschrittene Technologie und Maggie, Dämliches und Bahnbrechendes in Überlaberung). Sobald wir das Prinzip verstanden haben, erlischt das Interesse. `Sein und Zeit` auf den Nenner gebracht: Kommste heut nicht, kommste morgen. Stringtheorie? Das Multiversum als Swingerclub. Was vor uns liegt? Der Krieg, den wir nicht gewinnen können. Wir können nur noch atmen, indem wir rauchen. Rollator, Altersdepression, Selbstvergessenheit und weg. So uninteressant und trostlos wie Geopolitik und polnische Serien bei Netflix. Also blicken wir zurück auf Zeiten, als uns Evolution und Revolutionen Effekt unserer Artikulation dünkten. Wir alle Meilensteine (Peter Weiß von nichts) lapidarstellten. Der Wettbewerb mit Zeitgenössischem uns müßig schien, da wir alle Klassen überspringten wollten nur um zu sehen, wo wir landen. Dieses Wir®war® schön. Wir schätzten DFW für die unverfrorene Kombination aus Ideenklaumauk und Brillanz. Gary Larsons Cartoon `Halte niemals Deine Zunge an einen Gletscher` formte er zu einem Roman im Roman. Den Film `Die Schlemmerorgie` verwurstete er zum aromatischen Tod von Himself (`Was immer Du auf dem Herd hast: es riecht köstlich`.) Den Gassenhauer `Sie sagte zu mir: mach es mir da wo es schmutzig ist. Da bin ich mit ihr nach Albuquerque gefahren.`  zitierte er wortwörtlich, denn das Verwesentliche ist die Wiederholung. Zur Stringtheorie trug er Essays über Roger Federer und Tracy Austin bei. Seitensprung als strukturbildendes Teekesselchen. Scheiterte erneut, scheiterte besser, stapelte sich hoch, spielte das Spiel nicht mehr mit, ein Konkurrentner Arsene wenger. Desto schwächer unser Bindegewebe, desto mehr klammern wir uns an Abgelegtes, Überkommenes, als verhindere der Rückblick das, was vor uns liegt.` 

Hm. Bringt Dir jetzt auch nichts. Auf einsamen Sprachinseln havarieren, nein danke. Bleib wo Du bist, dabei kommst Du besser weg."

Man bekommt gesagt: ich beneide die jungen Menschen nicht um die vor ihnen liegende Zukunft. Gut, dass ich das alles nicht mehr miterleben werde. Man würde gerne die Katastrophen und Metamorphosen erleben, die da noch kommen. Rückblicken auf diese Zeit aus einer Gegenwart, in der künstliche Intelligenz als veraltet gilt und iphones einem so fremd und lustig erscheinen, wie Männer mit Zylinder, die in Stummfilmchen auf Hochrädern hocken, eine Hand am Lenker, die andere an der Hutkrempe.

Ein Telefon mit Wählscheibe in des Erzeugers Arbeitszimmer. Hohe Regale in einer schmalen Kammer, die nach altem Papier und abgestandenem Pfeifenrauch roch. Vollgestopft mit alphabetisch nach Themen geordneten Aktenordnern. Als man sie öffnete purzelte aus den Ordnern das Chaos. Kein System, keine Chronologie, kein Zusammenhang. Willkürlich eingeheftete Schnipsel von Werbebroschüren, Rezepte, Briefe, Notizen, die anscheinend stringente Ordnung entpuppte sich als Fake, als Ablage für unsortierten Papiermüll. Das hinterließ sein Tod, nicht einmal Angefangenes, Unvollendetes, nur Gesammeltes Gestammeltes. Und eine Erklärung dafür, warum man sich in Eklektizismus verliert. Nicht weil es pressiert, nicht weil das Leben so ist. Sondern als Referenz an eine vorgelebte Lebenslüge. 

Man verfasst nur noch Buchtitel. `Allerletzte Worte`. `Wenn Männer mauern`. Sollen sich die Leser den Inhalt doch selbst vorstellen. Schreiben ist Gastronomieverweigerung. Statt einsam vor sich hinzukritzeln wirft man lieber Soleier auf Pyramiden aus Erdnussbüchsen und kräht Der Hahn ist tot wenn das Fass leer ist und nur noch Schaum aus dem Zapfhahn röchelt.   

Was bleibt sind die Zähne. Daher der Begriff Identität (italienisch: i denti). 

Serien anschauen, von denen man nicht weiß, ob man sie schon einmal gesehen hat. Da. Die zündende Idee. Es fehlt zum Streamen noch eine Serie über die Geschichte der Streamingdienste. The Netflixbus. Soll wer anderes machen. Historiendramen, die auf Epochen zurück blicken, in denen man selbst eigentlich nie angekommen ist. Bei Streamingdiensten denkt man immer noch an Sodastreamer. Immer spärlicher werden Helden der eigenen Jugend, die jetzt noch leben. Man versteht `No country for old men` als altersrassistisches Resümee des entwickelten Kapitalismus. In Leistungsgesellschaften ist Schwäche auch dann ein Vergehen, wenn sie unvermeidliche Begleiterscheinung ist. 

Google mit einem grünen l. Darf damit werben, es sei klimafreundlich, wenn man die kürzeste Fahrtstrecke gurgelt und Benzin spart. Das Verschicken einer email erzeugt so viel CO2 wie das Backen eines Brötchens. Je alarmierender die Meldungen zu Artensterben und Erderwärmung, desto attraktiver Klimafreundlichkeit als Leitmotiv der Werbung - insbesondere für die Branchen, deren Energiehunger exorbitant ist und deren Erfolg davon abhängt, möglichst effektiv das schlechte Gewissen der Konsumenten zu dämpfen. Werbespots für Elektroautos werben mit Fahrten durch makellose Natur. Nichts wird den Bach runtergehen, denn der wird in nicht allzu ferner Zeit austrocknen.  

Das deutsche Lieferkettengesetz tritt in Kraft. Ein weiteres Kapitel im Märchen vom anständigen Wettbewerb, der Kinderarbeit ächtet, gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen garantiert, für eine globale life-work-balance sorgt und nebenbei die Regenwälder aufforstet. Unaufhaltsam unterhaltsam vorwärts auf dem Weg zum gutherzigen Kapitalismus, der Profitmaximierung mit Gesundheitsförderung und der Sicherung von Altersreichtum kombiniert. Weltweit steigen Serotonin- und Meeresspiegel. Wie essenziell Profit ist sieht man an der Rüstungsindustrie. Hätten Rüstungsunternehmen nicht in der Vergangenheit so erfolgreich ihre Produkte verkauft könnten sie jetzt nicht so extensiv in die Verteidigung von Freiheit und Demokratie investieren. Russlands Feldzug gegen die westlichen Werte richtet sich nicht gegen den Kapitalismus, den er in seinen Reden mit keinem Wort erwähnt. Er will eine Rückkehr zu traditionellen Werten wie Antisemitismus, Homophobie, zum Patriarchat, der Unterdrückung von Frauen, zur christlich-orthodoxen Frömmelei des Zarenreiches. Gegen Gewinnstreben und Mehrwert hat er nichts, solange der Gewinn in den richtigen Händen landet. Dem modernen Kapitalismus ist dies ein Gräuel, nicht weil er humanitär veredelt ist, sondern weil Einschränkungen der individuellen Freizügigkeit die grenzenlose Selbstverwirklichung durch Konsum behindern. 

Manometer. Ihr beklagt Euch über die Distanz? Das Unpersönliche? Meint ihr nicht der große Irrtum beginne mit der Erfindung der Personalpronomen? Na gut. Ihr wollt ein Ich? Sollt ihr haben. Ihr werdet schon sehen was ihr davon habt. Den unaufhörlichen Lügner, der das Narrativ der Narren seiner Weisheit beraubt, indem er ausschließl Ich egozentrifugiert, als gebe es keine andere Perspektive als seine. Wenn es das ist wonach euch der Unsinn steht - bitte.  

`Meine persönliche Idylle besteht darin sie zu beschmutzen und zu zerstören. Ich brettere mit meinem SUV Waldwege entlang. Ich zelebriere russische Küche. Verschlinge russische Eier. Ziehe mir Russisch Koks rein und am Ende des Tages gönne ich mir eine Runde Russisch Roulettland. Ich bin Vielflieger, nicht weil ich gerne reise sondern einfach weil ich den Geruch von Kerosin liebe. Ich bin nicht schuld an diesem überwältigenden Trotz. Bin epigenetisch entlastet. Alles liegt an denen, die mich zur Welt brachten, befrachtet mit all ihren kleinlichen Traumata.`    

Jahresende. Diese Furcht vor der Stille, wenn der Fernseher aus ist. Keine Sportmoderatoren mehr zu hören sind. Einzelne vorzeitige Böller dem Jahresende vorangehen. Man sieht sich um in der Wohnung, die nach dem eigenen Ableben noch etwa genauso aussehen wird wie jetzt. Menschen, von denen man nicht weiß, ob es Menschen sind die man kennt, werden den Haushalt auflösen. Andere Mieter werden sich in Zukunft die Hände im Badezimmer waschen so wie man es eben getan hat. Andere Stimmen werden im Winter über Heizkörper klagen die nur lauwarm werden. Schon jetzt lagern im Küchenschrank wohl Lebensmittel, deren MHD erst nach dem eigenen Tod überschritten wird. Jemand wird Verwendung für das Fahrrad finden, mit dem man nur noch kurze Strecken fährt. Angst. Diese würgende Angst. Diese Gespräche mit Gleichaltrigen über Darmkrebs, Krankenhausbesuche und demente Eltern. Das Grauen. Das verlogene Antlitz der Hoffnung. 

Eine Silvesterparty als Werbespot für ECMO-Geräte: untermalt mit `Atemlos durch Nacht`. Fischers Nachtgesang. Streamingserien entdecken das melodramatische und - weil es das Publikum bei Laune hält - tragikomische Potenzial von Pandemien, so wie einst die Serie `Rescue me` das tragikomische Potenzial von 9/11. Nichts ist so unterhaltsam wie die dramatischen Konsequenzen der Heimsuchungen und Geißeln der wohlhabenden Menschen von eben. Schon bald gerät auch der Krieg zu einem dezenten Lustspiel. 

Man erwägt alle sozialen Kontakte abzubrechen, inklusive dem Absprung von Datenbohrinseln, die das eigene Geburtsdatum in die digitale Welt hinausposaunen. Man will nicht mehr, dass irgendjemand einem zum neuen Jahr nicht Sex und Rock n Roll, sondern nur noch Gesundheit wünscht. Wenn man nur noch vor der Glotze hängt, Serie auf Serie den Gang an vergiftete Postfächer vermeidet, was ist schon der Unterschied zur Welt vor der Haustür? Leben ist immer Fernsehen, egal wohin und was man sieht. Man bevorzugt Formate, die vor Kälte strotzen, in denen nichts so emotionslos ist wie die Begierden. Solange man vor Bildschirmen hockt, sieht man nicht in den Spiegel - höchstens in den Zerrspiegel eines Weinglases - denn das möchte man um nichts in der Welt, das aus einem das Gesicht des Vaters sieht, resigniert und erschöpft. 

Man erinnert sich, während man auf der Couch liegend die verkaterten Nerven mittels der sachten Farben und Geräuschen des Neujahrsspringens beruhigt, an den Patriarchen der verkatert auf der Couch lag, verbittert von gekränktem Sportchauvinismus, weil die deutschen Skiflieger sich als Tiefflieger entpuppten; Skiflieger, die schief liegen. Ohne seine Trägheit, die ihn konsequent auf seine Frühpensionierung hinwirken ließ, wäre er womöglich politisch aktiv geworden. Stattdessen zog er es vor, alles für vergeblich und jämmerlich zu halten, was für die Welt ein Segen und für seine Kinder prägend war.     

Familienunternehmen. Das Rückgrat der Wirtschaft, das Schmieröl des Wettbewerbs. Institutionalisierte Raffgier, die unter dem besonderen Schutz des Staates steht. Es gibt wichtigeres als das Leben. Dieses Diktum ist Basis des staatlichen Gewaltmonopols, des Schredderns von Küken, des Führens von Kriegen, der gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, der Macht der Kirche und der Prominenz des Leistungssports. 

`Du nimmst das Angebot an. Die Einladung auf die letzte Insel vor der afrikanischen Küste. Du warst schon einmal dort, betrachtetest maritime Katastrophenszenarien, die per naiver Malerei auf die Kirchenmauer aufgetragen wurden. Schiffe, die von gigantischen Kalmaren in die Tiefe gerissen wurden. Haie, die Kindern die Füße abbeißen. Boote, die spurlos verschwinden, verschluckt von Malströmen, deren Dynamik derjenigen von Luftlöchern gleicht. Du hast den gestern erst kennengelernt, aber sein Vorschlag ist verführerisch. Diese Insel sei eine Insel des Vergessens, Vergessen sei der Boden für einen Neuanfang. Die Insel versorgt sich autark, ist von keinem geopolitischen und ökonomischen Interesse. Bis heute existieren dort keine Drohnen. Niemand, außer den Inselbewohnern hat sie auf dem Schirm. Die Welt wird untergehen bis auf diese Insel. Das ist Deine Rettung. Eine aussichtslose Lage, die in Folge dessen keine Einsicht gestattet. Abgeschiedenheit als Perspektive auf Nichts, also auch keine Verfolgung, Überwachung und die Angst, gefunden zu werden.`

Trost eines Irish-Pubs, der so aussah wie vor dreißig Jahren, als man ihn das letzte Mal betreten hat. Immer noch dieselbe Dart-Scheibe, lebensgefährlich angebracht, da man die Flugbahn der Darts kreuzt, wenn man zum Klo will. Andere Gäste schlüpften in die Haltung und Kleidung verschiedener Stammgäste, nehmen ihre Gesichtszüge, ihren ungesunden Teint und ihre Vorurteile an. Wie man Silvester verbracht habe wollen die Bekannten wissen, nach ausgiebigem Austausch von Krankengeschichten. Man habe ein paar Feierwerkskörper auf Krankenwagen geschossen. So was in der Art. Betretenes Schweigen. Man verlässt den Irish-Pub wortlos, nach einem letzten Blick auf die bestürzten, angewiderten Bekannten und eine Dose Insektenspray auf dem Fenstersims. Wutentbrannt begibt man sich zur U-Bahn-Station, schwelgt in einem Rausch der Empörung über Kinkerlitzchen. Diese Egoisten, die eine Rolltreppe abwärts benutzen, während es für einen aufwärts gehen soll (das Wesentliche ist die Wiederholung des Unwesentlichen). Radfahrer auf dem Bürgersteig. E-Scooter blockieren die Haustür. Aber auch darüber, dass der Nobelpreis für Literatur an eine Person vergeben wurde, die autobiographisch schreibt. Hochdotierte Anerkennung für Nabelschau. Endlich, triumphiert eine Stimme im Kopf, endlich bist Du Ich.   

Man könnte jetzt auch in Oslo weilen. So wie die italienische Fußballnationalmannschaft ihr Scheitern in der der WM-Quali als subtile Weise des Boykotts stilisiert, überhöht man die publizistische Erfolglosigkeit auf ganzer Linie als vorweggenommenen Verzicht auf Preisreden und Huldigungen. Schließlich beruht die eigene buchstäbliche Unbestechlichkeit auf der Fähigkeit auf Anerkennung zu verzichten, Unzulänglichkeit interpretiert man als selbstgewählte Unzugänglichkeit, irgendwo im Abseits einer Mietwohnung in einer Stadt, deren Name außerhalb der Stadtgrenze keine Bedeutung hat. Ketterauchend und schlaflos zieht man sich Arztserien rein, die eine einzige Werbekampagne für Krankenbetten von Hill-Rom sind (alle Wege führen nach Hill-Rom). Gibt sich der melancholischen Ästhetik sauber entfernter Nieren hin. Geflügelte Worte und geflügelte Organe. Brillante Chirurgen, bereitwillig sterbende Patienten, Austausch von Gefäßen und Lebensweisheiten, Vorbilder, die immer dasselbe sagen: findet Euch damit ab, dass es Eliten gibt zu denen ihr nicht gehört. Ab und an wechselt man zu den Nachrichten. Das Wetter: in den nächsten Wochen ist aufgrund des politischen Klimas im Westen mit nuklearem Eisregen zu rechnen. Machen Sie das Beste daraus. Viele Gründe, nur noch kurze Texte zu verfassen, nicht nur Bindegewebs- und Sehschwäche. Auf Grabsteinen ist kein Platz für Epik.   

`Ab und an schreibst Du kleine Geschichten auf Deine Hirnhaut. Die Einsiedlerin, die dem medizinischen Personal ein Rätsel ist. "Das MRT gibt kein Bild, ebenso das CT. Es ist, als ob die Patientin mit nichts wechselwirkt. Als sei sie ein Ensemble von Neutrinos in menschlicher Gestalt." Das nennst Du mal Einsamkeit. Immerhin, keine Wechselwirkung, keine Wechseljahre. Aber ob man so schwanger werden kann? Als Neutrino?` 

Der schnellste Weg einen Krieg zu beenden: ein nuklearer Konflikt. Na dann nur so weiter mit den Waffenlieferungen.

`Doch auch diese Insel hängt im Netz. Nachrichten aus seiner Welt erreichen Dich noch immer. Megainflation. Tödliche Viren unterlaufen den Impfschutz. In Oslo steigen mitten im Winter die Temperaturen auf über 30 Grad. Das Mittelmeer kocht. Auf Taiwan hagelt es taktische Atomwaffen. Dein Mäzen beruhigt Dich. Das sind Bots und Trolle. Kümmer Dich nicht drum. Der sitzt für die Faschisten im Rathaus. Das beunruhigt Dich, weil die immer flunkern. Sobald ein Wahn den Empfänger erreicht droht die reale Überlappung von Welten. Schlimmstenfalls wächst sich die Schnittmenge zu totaler Verdrängung aus.`

Makabres Fehlen von G. Leichungen. Leichnis. Leichstand. Der Tod als Kollaps der Wellenfunktion des Ich, das durch universale Beobachtung auf die Leichenstarre fixiert wird. Die Gruft als ultimative Potenzialbarriere. Tunneleffekt und Reinkarnation. Was man gerne wäre: ein selbstbewusster Ereignishorizont mit Tiefstaplersyndrom. 

Wenn immer in Nachrichten oder politischen Debatten von Herausforderungen die Rede ist geht es um Bedrohungen. Herausforderung klingt sportlich, so als gehe es nicht um existenzielle Bedrohungen wie Krieg, Armut und Hitzschlag, sondern um ein Tennismatch. Selbst wenn man die Verniedlichung akzeptiert bleibt die sachliche Falschheit: Herausforderungen kann man annehmen oder ablehnen. Benutzt wird der Begriff für Unausweichliches dem man sich nicht entziehen kann. Herausforderung klingt nicht nur sportlich, sondern auch rückständig. Das Leben als Duell, es ist Ehrensache, Herausforderungen anzunehmen, schon der Wunsch sich ihnen zu entziehen ist feige. 

Entropie ist die Weise, wie einen das Universum verspottet. Die Dauerhaftigkeit der Protonen im Kontrast zur Hinfälligkeit der eigenen Existenz. Daher dieser Drang über den eigenen Tod hinaus zu wirken. Aufzusteigen an die Spitze von Institutionen mit dem Anspruch ewig, unveränderlich und allmächtig zu sein. Aus `Die Rache ist mein` wurde das Gewaltmonopol des Staates. Aus Priestern wurden Minister, aus Kreuzen Fahnen. 

`Was wird wohl das Letzte sein was Du hörst bevor Du stirbst? Du bist Dir sicher es wird nicht das Summen einer Fliege, sondern ein deutscher Schlager sein. Wenn Du ganz am Ende bist läuft nicht das eigene Leben an Deinem entgeistigten Auge vorbei, sondern ein Hitparadenauftritt von Jürgen Marcus.` 

Interzelluläre Signalübertragung. Die Spezies Mensch hat es so weit gebracht wie Bakterienkulturen. Austausch von Signalen bis der Energieverbrauch sämtliche Ressourcen aufzehrt. Massensterben von Generation zu Generation, Narrative überdauern, häufen sich auf, bis die Welt unter ihrer Last zusammenbricht, die Speicherkapazität erschöpft ist, die Erdoberfläche ein einziger Datenfriedhof ist, die Cloud den Erdball verdunkelt, so dass es keines nuklearen Winters bedarf um das große Aussterben in rasantem Tempo über die Weltbühne zu bringen. Während Luftwurzeln auf der artefaktischen Erdoberfläche absterben, warten unter dem Meeresgrund geschichtete Kollektivorganismen auf ihre Wiederkehr. Sie können Jahrmillionen abwarten, wenn es gut für sie läuft verschafft das Fracking ihnen einen beschleunigten Zugang zur Gegenwart.  

Wäre der Mensch eine Insel, würden globale Katastrophen ausbleiben, die mit der Begegnung des Anderen ihren Lauf nehmen. Das Verhängnis beginnt mit der Trennung in Sender und Empfänger.

In Unterhose vor dem Bildschirm hockend entwirft man zum Zeitvertreib beim Warten auf das Ende andere Welten. Einen Kosmos, den Negentropie beherrscht, während die Lebensspanne identisch ist mit dem Horizont einer Ordnung anstrebenden Raumzeit. Leben als unendlicher Verfall, dem das Universum Systematik entgegensetzt. Evolution als Milliarden Jahre andauernde Rückentwicklung. Im Anfang die allwissende Entität, dem der inflationäre Informationsverlust folgt, die Zerstreuung, das Vergessen, bis am Ende alles Leben null und nichtig und das Universum so geordnet ist wie ein Kristall. 

,Im Morgengrauen gleitest Du auf Deinem Segelboot - der Deep Grief 9 - dem Horizont der Raumzeit entgegen. Hinter den Gipfeln der Inselgruppe türmen sich alles überragende Gebirge, von denen Du nicht weißt ob es sich um Wolken, Hirngespinste oder massive Sehnsuchtsorte handelt. Dort, auf Gipfeln ohne Täler, erleidest Du keine Hitzewallungen und keine Menopausen, dort wird sich Dein Kinderwunsch erfüllen. Das ist alles was Du willst. Ein Ozean, ein Gebirge und ein Kind, das niemand aus dem Paradies vertreibt.,

Man entpuppt sich als Digitalegastheniker. Man schaffte es noch nicht Mal in die Exceljahre.

Autobiographisches Schreiben gewinnt einen Literaturnobelpreis. Nabelschau als Qualität. Das Komitee als Spiegelbild gesellschaftlicher Trends Ausdruck resignierter Abkehr von der Politik. 

Man hasst oder liebt nicht mehr Menschen, sondern kleine Dinge und Nebensächlichkeiten. Man hasst von Baustellen unterbrochene Bürgersteige, die einen auf dem Weg zum Einkaufszentrum zweimal zum Wechseln der Straßenseite zwingen. Man hasst Kunden, die in der Schlange an der Kasse vor einem verstehen und vergessen haben das Obst abzuwiegen. Man hasst es, wenn einem Spiegeleier misslingen und das Eigelb ausläuft. Man liebt gut geheizte Badezimmer und nächtliche Sportübertragungen, die einem die Bettflucht versüßen. Man schätzt die Momente, in denen man vergisst, dass der Kollaps der eigenen Wellenfunktion bevorsteht, der einen ereilt sobald man von Sphaleronen beobachtet wird.

In der Morgenzeitung ein Interview mit einer Psychologin (man liest: LogIn) zum Thema: Wie verändere ich mich selbst? Die Psychologin ist Anfang 30. Man verspürt einen Anflug von Ärger über psychologische Ratschläge von Menschen, für die Altern und Hinfälligkeit noch abstrakt sind. Den Kaffee hat man auf, schlurft in einen Tag hinein, den Überlagerungen von Altersmilde und Altersstarrsinn charakterisieren. 

Der neueste Schrei bei Google: Google Mops. Jederzeit ihr Haustier finden. Inklusive für die Landesverteidigung geeigneten Mardern und Leoparden.

All die Erinnerungen die man mit sich trägt, all die Zuneigung die man erfuhr und die Wut, die man verspürte, all die Wanderungen durch irrwitzige Landschaften des Geistes und des Gemütes, über Kuppen aus Haut und aus von schillernden Gewächsen überwuchertem Gestein - all diese Reichhaltigkeit des einzigen Lebens das man hat richten nichts aus gegen Kriegslüsternheit, die sich tarnt als durch das Völkerrecht legitimierte Unterstützung oder die sich unverblümt austobt als Raserei gegen die Verunreinigung des Volkskörpers durch Freizügigkeiten, die niemandem ein Leid zufügen. Man versteht den Hass und den Zorn, aber nicht die kollektive Feindseligkeit, den Vernichtungswillen und schon gar nicht die Selbstverständlichkeit, mit der hingenommen wird, dass Konzentrationen von Macht in den Händen weniger Personen über das Schicksal von Milliarden Lebewesen entscheiden. Die Atombombe ist eben nicht Buddha, wie einst ein Möchtegernphilosoph konstatierte. Ihre bare Existenz ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und nukleare Teilhabe ist - wie Hunger, Armut, Wassermangel und andere Massenvernichtungswaffen - Mittäterschaft.

Beunruhigender als die Meldungen, die man über den Krieg zu lesen bekommt sind die, die man nicht zu lesen bekommt. Wie etwa ist die Lage in den Kernkraftwerken, die unter Beschuss liegen? Befinden sich die russischen Nuklearstreitkräfte weiterhin in Alarmbereitschaft? Man schockiert das Publikum auch nicht mehr mit Schreckensbildern von der Front. So lullt man die Öffentlichkeit ein und erzeugt ein behagliches Gefühl vom Krieg als neuer Normalität.

Dieser unerträgliche Satz: Die Geschichte schaut auf uns. Wer bitte soll das sein, die Geschichte? Welche Relevanz hat ein historischer Rückblick in einer hoffentlich noch stattfindenden Zukunft in Anbetracht der aktuellen, nachvollziehbaren Ängste?

Statt Stockwerke denkt man Schockwerke. Laut Weltuntergangsuhr ist es 90 Sekunden vor 12, Morgen ist man einen Schritt weiter, dann ist der Stimmfilm wieder ein Stummfilm. Abspann: Putin war Schuld. Hauptsache man ging für die richtige Sache zu Grunde.

Schutzzone Nachtprogramm. Übertragungen von Sportereignissen in anderen Zeitzonen. Beruhigend, denn das Leben und seine Berohungen finden woanders statt. Dazu das wunderbare Kindheitsgefühl entgegen elterlicher Autorität in der Traumzeit wach zu bleiben. Australian Open im Tennis. Neben einem auf der Couch eine String Theory betitele Essaysammlung von Edgar Alan Wallace. In der Pause zwischen zwei Matches switcht man um auf Fauda, eine israelische Serie, deren siebte Episode einem erklärt warum es niemals Frieden gibt solange Befehl und Gehorsam gilt und zu wenige Menschen meutern. 

Man sollte misstrauisch sein wenn die Führung die Bevölkerung um Vertrauen bittet so wie der Bundeskanzler vor dem Parlament. Tatsächlich stimmt einen die Vertrauensfrage mulmig, dünkt einen als verklausulierte Aufforderung nicht zu denken. Was bedeutet es wohl, Schaden vom Volk abzuwenden wie es der Amtseid verlangt? Es ist nicht gleichbedeutend damit jedem Bürger Schutz zu gewähren. Es kann eben auch bedeuten, das zum Schutz des Großen Ganzen - Freiheit, Demokratie und Bruttosozialprodukt - Kopf und Kragen riskiert wird. Das Gewaltmonopol des Staates bedeutet auch, dass der Einzelne nicht darüber zu entscheiden hat ob sein Leben aufs Spiel gesetzt wird (denn es gibt Wichtigeres). 

Geschützt fühlt man sich nur noch in der Stammkneipe. Im Rudel der unverbesserlichen Wettbewerbsverweigerer, der Antiselbstoptimierer, der Ungesundheitsexperten. Jedenfalls bis einem ein Gespräch über die Vorzüge professioneller Zahnreinigung aufgezwungen wird. Schon sind alle Schrecken und Ängste wieder da. 

"Unterwegs zu einer Hafenstadt erklärt Dein Sugardaddy Dir die Vorzüge des Artensterbens. Früher hätte er nach jeder Fahrt die Windschutzscheibe seines Cabrios reinigen müssen. Seitdem es kaum noch Insekten gibt kann er sich die Mühe sparen. Wohin ich in den Sommern möchte, wenn die Inseln unbewohnbar sind und die Blätter letzter Pinien im solaren Brennglas verglühen? Wie wärs mit Island? Du siehst dein schiefes Dopplergrinsen in den verspiegelten Gläsern seiner Sonnenbrille. Seine positive Weltuntergangsstimmung entspannt Dich. Du schließt die Augen und stellst Dir vor Du sitzt in einem Boot, in dem nicht alle sitzen.

Der Leo ist frei (Göring-Eckart). Unbefangen verniedlicht die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages den Beschluss zur Lieferung von schwerem Kriegsgerät mit dem urgrünen Thema Tierwohl. Free Willy and free the Ucraine. Selbst Markus Lanz ist entsetzt, und Jürgen Trittin kichert als habe es sich bei einem tweet der Vipe um einen schlüpfrigen Pennälerscherz gehandelt. Demnächst: Flieg, Albatros, Krieg! Wertegetriebene Außenpolitik muss - wenn sie prinzipientreu ist wie eine Guillotine - kriegsbereit sein, das würde auch Putin unterschreiben. Für einige Grüne scheint der Sprung von Artenschutz zu Werteschutz, von Welpenschutz zu Weltenschutz erschreckend klein zu sein. Kriegsszenarien versprechen PolitikerInnen Bedeutungszuwachs, Alles was man verbal ausapert wird wichtig, da kann einem der außen- und innenpolitische Größenwahn schon mal den Verstand vernebeln. Sollten Äußerungen mit weltweiter Resonanz wie wir sind im Krieg mit Russland kalkühliert sein (wovon leider auszugehen ist) ist der Weg nicht mehr weit zur Kriegsbeteiligung als wahrhaftiger Solidarität mit der Ukraine. Man mag das für geboten halten, sollte sich dann aber darüber im Klaren sein, welche Folgen diese demokratisch legitimierte Staatsräson nicht nur für die eigene Bevölkerung hätte. Dass Imperialisten den Anspruch erheben das Schicksal von Bevölkerungen außerhalb des Grenzgebietes ihres Staates zu bestimmen liegt in der Natur des Imperialismus. Demokratien sollten sich gelegentlich darauf besinnen, dass sie jedenfalls formal lediglich über die Köpfe ihrer eigenen Bevölkerung hinwegregieren dürfen (dass diese Selbstbeschränkung im Kontrast zu geostrategischen Interessen steht, und dass das Mitverhandeln von Wohl und Weihe der Menschen jenseits der eigenen Staatsgrenzen Fundament von Realpolitik und ökonomischen Wachstum ist steht diesem frommen Wunsch wirksam entgegen. Beinahe empfindet man Dankbarkeit wenn Robert Habeck immerhin darauf hinweist, dass die Lieferung von Panzern bedeutet, dass der süße Leo Menschen reißt.)

Sträubend tastet man sich wieder an Talkshows heran. An Lanzerotik und sich aufplusternde Empörkommlinge. Man sieht zu viel fern, das ist unvermeidlich. Denn Sehen ist immer fernsehen.

Dieser Rausch der Freiheit. Erste Ubahnfahrt ohne Maske. Dabei klingt Endemie bedrohlicher als Pandemie, klaustrophobisch als rückten unerbittlich Wände enger zusammen wie in einer Kurzgeschichte von Poe. Abends Himmelfahrtsfahrtfreizeit. Brechendvolle Kneipe, das Publikum singt im Chor Unwahrheiten. Blue Moon over Wanne-Eickel. Völlig losgelöst während man unerträglich eng zusammendrückt. Pizzakartons schweben über erhobenen Händen. Hoffentlich gehen bald alle nach Hause damit man bleiben kann. 

"Mach Dir nichts vor, das hier ist nicht die richtige Welt - denn die gibt es nicht." Du begleitest ihn auf seinem Fischzug in einem Meeresschutzgebiet. Mit nacktem Ned-Flanders-Oberkörper steht er am Ruder, grinst mit schadhaftem Gebiss der Brenta-Kulisse der Insel entgegen, deren Felsen aus dem Meer emporragen wie geflutete Drei Zinnen. Gute Gene, schlechte Zähne. Gegen das Rauschen des Fahrtwindes doziert er an: "Es stimmt nicht, dass Parallelen sich nicht überschneiden. Das gilt auf graden Flächen. Auf einer positiv gekrümmten Fläche überschneiden sich Parallelen. Denk an Längengrade auf einem Globus. Tatsächlich existieren so viele Parallelwelten wie Lebenslinien. Kreuz und quer überschneiden sich unsere Geodäten in unseren Begegnungen, ihre Konvergenz erzeugt Teilchen auf Branen und Nachwuchs für Märkte und Militär. Jeder von uns lebt in einem Paralleluniversum, wir haben Glück. Unsere ähneln sich zum Verwechseln, wir haben ein gemeinsames Hier." Kein Netz, außer dem verpönten Schleppnetz, dass hinter dem Heck das Wasser kärchert. Du weißt nicht welche Welt Dir wie nahe zu Leibe rückt. Bist beunruhigt, so als wachse in Dir eine realpolitische Welt heran, in der Du Dich unversehens wiederfindest. Das hier fühlt sich nicht richtig an, wird zu einem Ground Cola Zero kollabieren. Genieß den Irrweg solange Du kannst."

Warum man nie jemanden beim Namen nenne? Weder Freunde noch Bekannte erwähne? Partner gar? Sexuelle Episoden? Na weil man im Bier und Jetzt labt. Von sozialen Kontakten nimmt man Abstand, geblieben sind groteske Anekdoten. Die Zungenlähmung, weil man nicht wusste, dass eine Cunilinguspartnerin in verfehlter Vorwegnahme des Kommenden ein Spermizid verwendete. Wirkt wie ein Anästhetikum bei einer Wurzelbehandlung. Dem Hund, den man mit seiner amorösen Tangente für ein paar Tage in Pflege hatte. Keinen Kotbeutel dabei, keine Handschuhe und die Dogge schiss sich mitten in einer beleibten Fußgängerzone die Pankreas aus dem Leib. Argwöhnische Blicke der Passanten. Mit bloßen Händen beförderte man den dampfenden Haufen in einen Papierkorb. Reaktionen zwischen belustigt und angewidert wie in den peinlichsten Episoden von Working Moms (wenn das Leben einen Sinn hat besteht er darin diese Serie zu gucken). Dann die besorgte Frage der guten Partie: Soll ich Dir Tempotaschentücher geben? Mit stinkenden, exkrementalen Händen rang man schmatzend um Fassung. Das waren noch Zeiten. Fernab von Kindheitserinnerungen an Cebulon, Kunsthonig und ein Stück Gratisfleischwurst beim Metzger.

Der Orden wider den tierischen Ernst in Zeiten befreiter Leoparden: Tusch für Annalena.

Selenskyj als Popstar in Brüssel. Standing Ovations nach der pathetischen Rede des ukrainischen Präsidenten. Anschließend konkurrieren die ukrainische und die europäische Hymne im Fernduell mit der russischen Hymne um die effektivste musikalische Aufarbeitung des Themas durch Leid zu den Sternen. Ein European Song Contest als Demonstration der Entschlossenheit Werte zu verteidigen, die wichtiger als lebenswichtig sind. Es geht um die Lebensart, dafür gilt es All in oder gar ins All zu gehen. Passend dazu - man traut kaum seinen Ohren - kündigt Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in vorauseilender Beschlussfassung die Lieferung von Kampfjägern an. Es würde einem Angst und Bange werden, wäre einem nicht schon Angst und Bange. Das Pathos der Brüsseler Spitzeninszenierung lässt einen beklommen zurück. Zwar ist der Kreml primärer Adressat der Show, dennoch oder grade wegen dieser Demonstration der Bereitschaft mit patriotischer Begeisterung und moralischer Inbrunst ins apokalyptische Risiko zu gehen wird einem flau in Kopf und Magen. Der Termin ist makaber gewählt. Es ist der achtzigste Jahrestag der Goebbelsfrage: Wollt ihr den totalen Krieg? Auch wenn es in Brüssel unbestritten um die Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung ihrer staatlichen Souveränität geht, erscheint einem der Unterschied zwischen Kriegsrhetorik und Solidaritätsrhetorik erschreckend dünn, so als könne Letzteres jederzeit ins Erstere umkippen und als würde man gar nicht mitbekommen, wenn der Kipppunkt überschritten wird. 

Tagesordnungskomik im Deutschen Bundestag: Auf den TOP Friedensplan für die Ukraine folgt der TOP Register für Sportbootführerscheine. Besser kann man die Unterschätzung der Tragweite politischer Entscheidungen nicht auf den Tagesordnungspunkt bringen.

Der Rand der Pizza, die man beim türkischen Imbiss bestellte, ist schwarz verbrannt. Man erkundigt sich beim Chef wie es ihm geht. Er hat beim Erdbeben in der Türkei drei Verwandte verloren. Man bekommt kaum einen Bissen runter. Es ist, als beiße man in einen Trauerflor.

"Während Du auf 14000 Jahre alte Höhlenmalereien blickst, in die Finsternis geritzt als diese Insel noch mit dem Festland verbunden und von Rehen und Wölfen bevölkert war, fragst Du Dich warum Du nie im Leben angekommen bist. Dann fragst Du Dich warum Du warum und nicht wieso denkst. Da hast Du Deine Antwort. Immer bist Du abgelenkt. Der Guide macht sich angesichts einer perspektivisch gezeichneten Jagdszene über Picasso lustig: Das konnten unsere Genies schon vor Jahrtausenden. Könnte jemand aus der fernen Vergangenheit seiner Zeit weit genug voraus sein um mir zu begegnen?"

Der Trost von Katastrophenfilmen hilft einem durch die Montagnacht, wenn fast alle Kneipen geschlossen sind und die wenigen, die geöffnet sind weit weg. The Core und Geostorm, atmosphärisch und dramaturgisch angelehnt an die Katastrophenfilme der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts, als der Klimawandel ein Unkenruf des Club of Rome war. Flache Charaktere, triefender Pathos, Helden die überleben, während beiläufig Millionen Menschen sterben. Früher, als die Welt noch in Ordnung schien, galten ein brennendes Hochhaus oder ein abstürzendes Flugzeug schon als Katastrophe, heutzutage geht es zeitgemäß immer um dem ganzen Planeten. Der äußere Erdkern hört auf zu rotieren, das Erdmagnetfeld kollabiert. Der Klimawandel macht ernst, aber so richtig. In The Core reisen die Helden in Anlehnung an Jule Verne zum Mittelpunkt der Erde und nutzen Kernwaffen als Defibrillatoren, die den Erdkern wieder in Fahrt bringen. In Geostorm - wie putzig - spannt die internationale Völkergemeinschaft ein globales Satellitennetz um die Erde, mit dessen Hilfe das Klima kontrolliert wird. In beiden Filmen entpuppen sich die Katastrophen als menschengemacht, sind Politiker korrupt und größenwahnsinnig, und gelingt die Rettung des Planeten dank genialer, aber psychologisch primitiv gestrickter Wissenschaftler, die zusätzlich Actionhelden sind, dank technischer Lösungen und multikulturellem Teamgeist. Ach, wird einem da warm ums Herz. In dem chinesischen Film The Wandering Earth verfrachtet man gleich die ganze Erde Richtung Alpha Centauri: Vielleicht wirklich der nächste Große Sprung, den das Pilot,äh, Politbüro anpeilt.  

90 Prozent der ukrainischen Bevölkerung sind auch dann für eine Fortsetzung des Krieges, wenn das Land atomar angegriffen wird. Persönliche Konsequenz: Man verzichtet heute auf Sport und alles was gesund ist. Kein Obst, Lieber Mettenden, Fritsticks und Weingummi. Bloß keine Nachrichten. Man wiegt sich in der Sicherheit von Eurosport. Schnuckern bei Snooker und der beruhigenden Stimme von Rolf Kalb.

Verlieben oder Geld zurück. Wirbt ein Plakat ausgerechnet an der Stichstraße zum Bordell. Kapitalismus in der Genussschale. Man hat mit dem Kopfschütteln noch nicht aufgehört, da liest man in der Zeitung, dass der Verteidigungsminister der beliebteste Politiker im Land ist. Man würde gerne falsch abbiegen, damit die Welt wieder in Ordnung ist.

"Erst jetzt bemerkst Du das Fehlen des auf- und abebbenden Summens der elektronischen Hornisse. irgendein Algorithmus setzte sie irrtümlich auf Dich an, oder mit Vorsatz, da die Programmierung kafkaesk ist. Das Vergehen jedes Menschen besteht in seiner Existenz. Als Kind littest Du lange unter Schlaflosigkeit, aufgrund eines Geräusches, das Dir gar nicht bewusst war. Erst als ein neuer Kühlschrank ins Haus kam schliefst Du die Nacht durch. Jetzt, hier, ist alles in Höhlenbutter. Die niedrige Decke jahrtausendalten Alltags schützt Dich so zuverlässig vor Verfolgung wie der Tod. Versteck Dich in einer Nische, lass Dich einschließen und ritze in der Finsternis einen Roman ins Gestein: Die Höhlenmaler, in dem die Schatten real sind und die Höhle nur eine Idee ist, in der die Menschheit befangen ist."

Man schätzt Timothy Snyders Analysen. Dann diese Aussage in einem Interview: "Bei der Angst vor einem Atomkrieg geht es uns vor allem um unsere eigene Sicherheit. Das ist erbärmlich. Und es ist geradezu peinlich, dass man Atomwaffen als ultimativen Schrecken imaginiert, obwohl in der Ukraine unvorstellbare Grausamkeiten längst stattfinden." Kurz zuvor: Deutschland müsste sagen, das ist unser Krieg, und wir werden ihn nicht verlieren. Snyder beschreibt den Krieg als geradezu historische Chance, ein geopolitisch selbstbewusstes Europa zu begründen. Das ist verquer. Die Grausamkeiten, die die Ukrainer erleiden delegitimieren grade wegen ihres Schreckens nicht eigene Ängste. Es ist gut und richtig, wenn Menschen sich vor Kriegen fürchten, denn diese Angst dient als Regulativ gegen Hurrapatriotismus und Anfälligkeit für Nationale Hetze. Was die erbärmliche Angst vor Atomkriegen betrifft, so beruht auf ihr die so vielgepriesene Idee der atomaren Abschreckung. Folgt man Snyders Logik sollte man furchtlos mit der Nato in den Krieg ziehen und eine Auseinandersetzung riskieren, aus deren Ruinen niemand mehr aufersteht - auch nicht die Menschen in Ländern, deren Bevölkerung allenfalls als Leidtragende Partei in diesem Konflikt sind. 

Eine Freundin betont, Sie wünsche sich, dass ihr Sohn schwul sei. Toleranz als Resultat von Eitelkeit und Jugendwahn: "Kannst Du Dir etwa mich als Oma vorstellen?"

Im Osten nichts Neues: Putins Rede bekräftigt die Mär von dem unrestricted warfare des Westens gegen Russland, dabei betont er - zum Wohlbehagen der Vertreter der orthodoxen Kirche - es gehöre zur Strategie des Westens, die Ehe zwischen Mann und Frau als Basis einer gesunden Gesellschaft auszuhöhlen, indem er Priester dazu zwingt, gleichgeschlechtliche Ehen anzuerkennen. Der Westen schrecke nicht davor zurück, die Wahrheit der Bibel zu leugnen - und man weiß doch, dass die Bibel Fundament jeder wissenschaftlichen Erkenntnis sei...interessanter Weise betont er dass Recht auf Privatheit (...auch Putin beherrscht die Fähigkeit zu lügen...), brandmarkt jedoch die Gleichberechtigung nicht heterosexueller Partnerschaften als Verbrechen an den betrogenen Bevölkerungen des Westens. Damit ist er nicht weit weg von der Position vieler Christdemokraten. 

Was nun China betrifft entpuppt sich Herr Borrell als Optimist. Der chinesische Chefdiplomat habe ihm versichert, man liefere keine Waffen in Kriegsgebiete. Macht der sich jedoch Putins wording zu eigen, handelt es sich beim Abschlachten in der Ukraine nicht um einen Krieg, sondern um eine militärische Spezialoperation. 

Selenskyj lässt verlauten, die gesamte freie Welt stehe auf der Seite Kiews und gegen Putin. Man mag der Auffassung sein, Südafrika und Brasilien seien keine freien Länder. Fakt ist, dass viele Entwicklungsländer auf die Solidarität mit dem Westen und seinen Werten pfeifen. Man habe sie während der Coronaepidemie alleingelassen, selbstsüchtig die Impfstoffe für sich bewahrt, sich geweigert Lizenzen freizugeben, jetzt fordere man Solidarität. Man darf annehmen, dass Putin aufmerksam verfolgt hat, wie der Westen mit den Nöten und Sorgen des globalen Südens bei der Pandemiebekämpfung umgegangen ist. Er konnte sich bei Beginn der kriegerischen Handlungen sicher sein, dass längst nicht alle Länder dieser Erde sich dem russischen Werben um Geschäftsbeziehungen und Einfluss entziehen. 

Peter Hardt hält es für verfehlt, die Schließung des Luftraums über der Ukraine auszuschließen. Der Eindruck verfestigt sich, dass man die Bevölkerungen des Westens langsam auf eine aktive Kriegsteilnahme der NATO-Länder vorbereitet. Angesichts globaler Katastrophen wie Pandemien und Klimawandel scheint sich die Systemfrage so dringlich zu stellen wie nie zuvor. Eine Welt, ein Gesellschaftssystem scheint stillschweigend die Auffassung der verfeindeten Lager zu sein. In Anbetracht der weltweiten Krisen gilt es, die entscheidende Auseinandersetzung jetzt zu führen - der Weltkrieg als schnellster Weg zu einem einheitlich betriebenen Klimaschutz. Die Autorität der Demokratien oder die Autokratie? Wer soll mit welchen Mitteln die schönsten Urlaubsgebiete der Welt vor tourismusfeindlichen Sommern retten? `Zeit fürs Abendessen, Professor. Na wieder den ganzen Tag vom Weltuntergang geträumt? Sie haben vielleicht Ideen. Joe Biden als Präsident der Vereinigten Staaten. Oval Office in der Demenzklinik namens Haus zum Vergessen.`

Die Austauschbarkeit der Rhetorik bei den Reden Bidens, Putins (und beim politischen Aschermittwoch) ist frappant. Heldenhaftigkeit, Unverbrüchlichkeit, die Verlogenheit der Anderen. Kindesmissbrauch. Unterschiedliche Werte, gleiche Sprache. Wir gegen die. Die Homogenität der Ansprache konterkariert die Trennschärfe der Ideologien. Schlaflos - Angst nicht mehr aufzuwachen - setzte man sich Lanz aus. Danach schlief man erst recht nicht.   

`Sie haben Post`. Ein Päckchen. Darin ein Manuskript mit der Bitte um Lektüre und Bewertung. Titel: Die Höhlenmalerin. `Plemplem, aber gefragt.` Die Frau im Kittel schüttelt den Kopf. Sie glaubt nicht an Wirklichkeit, wie sie im Buche steht. Dabei ist es die einzige Hoffnung, die man hat. Das Bücher den Ausweg aus einem Alptraum sind, der dadurch so traumatisch ist, dass man ihn nicht als Traum erkennt. Man hat nichts Besseres zu tun, also beginnt man (ab)zublättern...

"Auf dem Wasser, mit Blick auf die offenen Mäuler von Grotten, stellst Du Dir vor wie Du, geschützt vor der bleiernen Hitze des Sommers in der Stadt, Graffitis an die Wände eines U-Bahn-Schachtes sprühst: There is no such thing as peace. Das wird Deine Hauptfigur."

Wieso meint der Typ vom Lieferdienst einen über die Welt belehren zu dürfen? Gibt vor, man bilde sich die Tragödien der Gegenwart an, inklusive der handelnden Figuren. Hätte man diese imaginative Kraft - schön wäre es, denn man würde sich die Welt ganz anders vorstellen. Stattdessen sterben in der Ukraine Generationen und im eigenen Land werden Skeptiker der Waffenlieferungen in die Ukraine in die Nähe von Nazis gerückt, was ebenso tendenziös und grotesk ist, wie Putins Verleumdung der Bundesregierung als Nazis und Olaf Scholz als Führerlein. Aus der Perspektive Putins handelt es sich bei der AfD um Antifaschisten für Deutschland. Den Friedensvogel schießt der Spiegel ab. Zwar veröffentlicht er einen Artikel von Sabine Rennefanz (...man halluziniere nur? Niemals könnte man einen solchen Nachnamen halluzinieren...) mit dem Titel: `In Verteidigung des Manifests für den Frieden`, weist jedoch ausgangs des Artikels darauf hin (sogenannter Transparenzhinweis), die Autorin sei gelegentlich für die Zeitschrift EMMA tätig, deren Herausgeberin Alice Schwarzer ist. Die implizite Unterstellung ist auf perfide Weise etwa so unverschämt wie die bei Lanz geäußerte Behauptung, Frau Wagenknecht stehe auf Putins Gehaltsliste. Wenn schon sollte der Spiegel geschlechterausgewogen denunzieren und jeder digitalisierungsfrenetischen Kolumne Sascha Lobos den Hinweis hinzufügen für welche Techunternehmen der Sexist Man alive podcastet.    

Der Hang zur Verunglimpfung von Kritikern der Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine mindestens als naiv, häufig als gefährliche Querdenker (Lobo: Friedensschwurbler) steht im Wiederspruch zum Narrativ, bei der Unterstützung der Ukraine gehe es um die Verteidigung der westlichen Werte. Wenn die Methoden im Umgang mit der Kritik an der Regierungspolitik denen der russischen Regierung zu ähneln beginnen, dann droht die Meinungs- und Pressefreiheit zum Spiegelreflex von Hetze und Denunziation zu degenerieren. Man legitimiert dann unter dem Mantel der Freiheitlichkeit genau das Verhalten, das man zu Recht den Autokratien dieser Welt mit moralischem Furor vorwirft. Zu den Methoden der Aushöhlung von Presse- und Meinungsfreiheit gehört auch das Verschweigen und Verdrehen von Fakten. Das knappe Manifest von Frau Schwarzer und Frau wird verrissen, weil es den Aggressor nicht benenne, die Interessen der Ukraine nicht berücksichtige, Putin in die Hände spiele, Antiamerikanismus (und damit Antisemitismus) atme, das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung in Frage stelle und so weiter. Wenig bis nichts davon hält einer genauen Betrachtung stand. Bereits im zweiten Absatz werden Aggressor und Opfer klar benannt: `Die von Russland brutal überfallene Bevölkerung braucht unsere Solidarität.` Als Kronzeuge gegen das Dogma `Die Ukraine muss siegen` wird der höchste Militär der USA, General Milley, zitiert, der des Antiamerikanismus eher unverdächtig ist. Auch spricht das Manifest sich nicht gegen Waffenlieferungen in die Ukraine aus, sondern gegen deren Eskalation durch Lieferung von Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffen - was zumindest derzeit exakt der Position der Bundesregierung und der US-Regierung entspricht. Schon von daher ist die Vehemenz von Kritik an diesem Manifest auch aus Regierungskreisen eigentlich nur dann nachvollziehbar, wenn die im Manifest geäußerte Befürchtung der Eskalation berechtigt ist.        

Der Oppositionsführer Front-al bei Ingo Zamperoni (der Typ vom Lieferdienst scheint entschlossen zu sein hier einzuziehen, kommentiert: Zamperoni? Was Sie sich alles für Namen einfallen lassen, klingt wie ein italienisches Gemüse). Diese Haarinsel auf der Stirn wie ein kümmerlicher Rest von sozialem Gewissen. Bald überflutet die Vergreisung auch dieses letzte Eiland aus Haaren, das wie angeklebt wirkt, ein stümperhafter Etikettenschwindel wie einst die Haarfarbe von Gerhard Schröder. Das ganz große Kaliber. Globaler Epochenbruch. Eine nie dagewesene weltweite Verschiebung der Tektonik von Macht. Der Kanzler erkenne nicht die Dramatik der Lage. Die Große Koalition arbeite den Koalitionsvertrag ab als sei nichts geschehen. Dabei müsse die Zeitenwende in allen Politikfeldern zu spüren sein. Stattdessen: Sondervermögen, was nichts Anderes heiße als Schulden. Im Klartext das alte Lied: Gürtel enger schnallen, die Bevölkerung auf Entbehrungen einstellen, die fetten Jahre sind vorbei, wer schon wenig hat soll mit noch weniger auskommen. FM - der Mann für harte Entscheidungen, deren Härte andere zu spüren bekommen. 

"Deine Romanheldin ist die Frau mit dem Stein, verliebt in ein Relikt der Berliner Mauer. Verknallt in bessere Zeiten, als die Welt noch in Ordnung war, die Feindseligkeiten eingehegt in klar definierten Blöcken. Das lässt sie nie wieder los. In ihrer Wohnung hat sie eine Mini-DDR aufgebaut wie andere einsame Menschen Kulissen für Modelleisenbahnen, mit Volkspolizisten, Checkpoints und Intershops. Dein Mäzen amüsiert sich. Wie viel von Dir steckt in dieser Figur? Nichts mehr. Alles steckt jetzt in der Figur. Sein Grinsen gefriert zu einer Maulsperre. Verständnislosigkeit und eine Abscheu, deren Grund er nicht begreift, dessen Ursache jedenfalls du bist."

Das schiefe Lächeln der Annalena. Immer zum falschen Zeitpunkt. Wenn Sie über die Vergewaltigung ukrainischer Frauen durch russische Soldaten spricht. Über die Ohnmacht der Bundesregierung, wenn Mullahs beschließen einen Bundesbürger hinzurichten, Ohnmacht, deren Euphemismus die Formulierung ist: wir nutzen alle Kanäle, tun alles, was in unserer Macht steht. Ihr Tick vermittelt den Eindruck eines Mangels an Ernsthaftigkeit einerseits und besserwisserischer Arroganz andererseits, dabei handelt es sich wohl eher um einen linkischen Ausdruck von Verlegenheit, wenn man küchenpsychologisch wohlwollend urteilt. Sandra Maischberger versucht alles Erdenkliche, um ihrer Gesprächspartnerin zusammenhängende Sätze zu entlocken, heraus kommt eine Aneinanderreihung von Floskeln, Phrasen, diplomatischer Non-Sequitures. Man könnte meinen, das vielsagend Nichtsagende sei der Duktus der Geheimnisträgerin, die so viel verbirgt, wie das Lächeln der Mona Lisa, man könnte auch meinen sie kann nicht anders...wieder unterbricht der Typ vom Lieferdienst: `schön wärs, wenn Sie Recht hätten. Ich meine, dass Friedrich Merz Oppositionsführer ist. Was stimmt in unserem Land nicht, wenn so einer Kanzler werden konnte? Ich sag Ihnen, was nicht stimmt. Es gibt zu viele alte Menschen. Alte Menschen wählen alte Politiker. Ich war neulich auf einem Blueskonzert, da waren so viele Greise, das nicht applaudiert wurde, weil alle Gäste Arthritis in den Handgelenken hatten.` Man ist verunsichert. Hat man all diese Talkshows nur im Kopf? Eingebildete Gäste und Gesten und Gestern?

Der GAU der chinesischen Mauer. Ein chinesisches Unternehmen mit dem putzigen Namen Bingo (so hieß der Pudel einer Tante) liefert angeblich Kampfdrohnen an Russland. Das könnte der Deal sein. Wir unterstützen Euch, ihr verzichtet auf den Einsatz von Nuklearwaffen. Bei Lanz ist sich Herr Kiesewetter von der CDU sicher, dass Putin die nukleare Karte nicht ziehen wird. Man könne ruhig Kampfjets liefern und Nachschublinien auf russischem Gebiet angreifen. Bei Hart aber fair führt einer von 80 Millionen deutschen Militärexperten, der es in den Talkshowkosmos geschafft hat aus, man müsse grade der Atommacht Russland mit allen Mitteln entgegentreten, um der nuklearen Promiskuität Einhalt zu bieten. Sonst könnte bald jeder Potentat mit Atombomben um die Ecke kommen. Als ob das nicht längst der Fall wäre, unabhängig von Putin. Die Sendungen Fakt und Hart aber fair arbeiten sich erneut an Wagenknecht und der sogenannten Friedensdemo ab - mediale Mobilmachung als Teil des Kriegsspektakels. Die Matadore der Öffentlich-Rechtlichen im Kampf gegen die drohende Eskalationsmüdigkeit deutscher Hasenfüße, Wagenknecht und die Ihren im Kampf gegen die USA, die NATO und die Umarmung von Bernd Höcke. Irgendwo hockt Martin Sonneborn und fragt sich, was er da unterschrieben hat.     

"Geschehe in der Welt was will, es ändert nichts an der notorischen Eifersucht von Männern. Nachts gingst Du schwimmen in der Cala Negra, und eine Feuerqualle ignorierte das Gebot sozialer Distanz, erwischte Dich großflächig am Rücken. Wer war das? Wer hat Dir den Rücken zerkratzt? Hast Du es mit dem Leuchtturmwärter getrieben? Du hängst auf dieser Insel fest, musst Dich mit ihm arrangieren. Die EU hat - wie in `Die Simpsons - der Film` eine Kraftfeld um ihre Außengrenzen gespannt. Durch einen Fehler in der Kalibrierung bleibt diese Insel außen vor, obwohl sie zur EU gehört. Abwarten und hoffen, dass der Fehler bemerkt wird und es nur ein Fehler ist. Bis dahin schlechter Sex und schlechte Laune. Eifersüchtige Männer sind denkbar undankbare Liebhaber."

"Heute morgen großes Gebrüll aus einem Megafon. Du dachtest, es handele sich um eine Kundgebung der Faschisten, doch es war nur ein Gemüseverkäufer. Angesteckt von der weltweiten Alarmstimmung, die - blinder Alarm - blind für Maßstäbe macht beruhigst Du Deine Nerven indem Du Dir eine Folge Andorra sucht den Superstar reinziehst. Wie vertraut und heimelig es sich doch anfühlt, dieses Sendeformat. Andere, nicht Du, entscheiden über Deinen Werdegang, daran will man das Publikum auch weiterhin gewöhnen. Staatsräson in der Nussschale, destilliert zu Konzentraten mentaler Narkolepsie. Dass man sich nicht selbst gehört und darüber erleichtert ist als Effekt des Sedativums Unterhaltung. Warum auch sollten wir unserem Leben eine Bedeutung geben, wenn es eh Wichtigeres als das Leben gibt?"

Dann heißt der Lieferambo auch noch Götz. Wie der Bluter, den man einst verlegte. `Unternehmen Sie doch mal was, statt permanent in ihrer Bude zu hocken, als sei ihre Vorstellung vom Paradies ein Atombunker. Gehen Sie mal ins Kino. Sehen Sie sich Frühling für Putin an. Oder überzeugen Sie sich einfach davon, dass ewiger März herrscht. Nie war die Welt so friedlich. Seit Barak Obama einen Zellaktivator erhielt und das Gendern nicht mehr zu ändern ist, bleiben selbst meteorologische Extremereignisse aus. Da kann der Merz noch so sehr vor der nordkoreanischen Gefahr warnen.` 

Ist man durch die Verwendung von `man` ein unverbesserlicher Macho? Dabei bedeutet `man` durch Verzicht auf die zweite Minuskel doch eine freiwillige Selbstkastration. Man promovierte in geschlechtergerechter Ökologie an der Universität Habecksbeck mit Basilikum laude.

"Diese Hitze...Deine Höhlenmalerin treibt sich nachts in den Froströhren der U-Bahn-Schächte herum, ausgestattet mit Spraydosen und Stirnlampe dekoriert sie die Wände mit Bildern, die nur das Wartungspersonal des ÖPNV zu sehen bekommt, obwohl die Botschaften nicht für Menschen gedacht sind, sondern als transhumane Überlieferung. Gemälde, die ausschließlich Grautöne verwenden. Sie porträtiert Dich, wie Du auf der Suche nach Kühlung in SUVs mit Klimaanlage einbrichst. Du bist eine andere die so aussieht wie Du."

Ein Artikel über eine Inszenierung von Andrea Breth, der die konsequente Weltabgewandtheit des Schauspiels lobend hervorhebt, anschließend ein Beitrag über ein Experiment, bei dem es gelang, Quantenobjekte in der Zeit vor- und zurückzubewegen. Der Verfasser begeistert sich über die Möglichkeit von Zeitreisen, offenbar versteht er wenig bis nichts von der Materie. Die Photonen bewegen sich in ihrer Eigenzeit vor und zurück, während ihre Umgebung dem Zeitpfeil folgt. Auf den Menschen übertragen wären das Benjamin Button, der sich vom Greis zum Baby entwickelt, und Kinder mit Progerie, die beschleunigt altern. Man verjüngt sich oder altert beschleunigt, während die Welt um einen herum in die Zukunft kippt. Bei einer Zeitreise würde man umgekehrt in üblicher Weise altern, während man in die Vergangenheit oder die Zukunft reist. Die erste Variante wäre einem lieber. Im Gegensatz zur Zeitreise gewährt sie Unsterblichkeit durch jederzeit mögliche Verjüngung.

"Auf dieser Insel gibt es nur eine Straße. Sie führt vom Hafen an der Kirche vorbei zum Friedhof. So einfach kann das Sein sein. Dein Mäzen hat sich beruhigt. Auf Deinem Rücken bildeten sich Brandblasen, das kurierte ihn von seiner Paranoia. Jetzt hält er wieder Monologe zu Gluonen und Zeitkristallen, während Du Katzen zusiehst, die einen Hund vertreiben. Katzensprünge sind Dir lieber als Quantensprünge." 

Statt Steaks offeriert einem Götz bittere Astronautennahrung. Außerdem trifft er keine Anstalten zu verschwinden. Wäre man nicht so konfliktscheu und motorisch antriebsschwach, würde man ihn vor die Tür setzen. Andererseits ist einem die Ablenkung von der ständigen Grübelei, deren Intensität sich umgekehrt proportional zur physischen Fatigue verhält ganz Recht. Besser ne Nervensäge als überhaupt keine Gesellschaft. 

Bruce Willis leidet unter Frontaldeppendemenz. Ein Symptom: zunehmende Sprechunfähigkeit. Die Hard als Stummfilm. Ernst Jandl hielt Vorträge über das Öffnen und Schließen des Mundes. Dabei ging es nicht primär um das gesprochene Wort, sondern seine Nikotinsucht. Dass einem Bruce Willis Schicksal nahe geht, nun ja. Es will einem scheinen, dass man seit Jahren nicht mehr gesprochen hat. Wäre da nicht der Götz von Berlichingen, der auf alles eine Antwort zu haben scheint obwohl man kein Wort von sich gibt und sie - die Person, die sich an mir ergötzt - nicht in Frage stellte. `Sagen Sie doch gleich, dass Sie ein Fleischnostalgiker sind. Damit sind sie nicht allein unter den älteren Semestern. Wenn Sie endlich so weit sind, dass sie sich mal wieder unter die Leute trauen zeige ich Ihnen die besten Fresstaurants der Stadt. Ups, hab ich das wirklich gesagt? Da treffen sich viele Ihresgleichen. Schwärmen bei Heuschreckenlasagne und Quallenpuffern von Zeiten, als die Schnitzel noch nicht aus dem Drucker kamen und Gehacktes halb und halb nicht aus Grashüpfern und Maden bestand. Dabei müssen selbst diese ewig Gestrigen zugeben, das Geschmack und Konsistenz nichts zu wünschen übrig lassen. Gehen sie einfach mal unter Menschen statt sich unentwegt so deprimierende Serien reinzuziehen wie Breaking Sad. Da zieht einen ja schon der Titel runter.`    

Was man als Erinnerungen hat, empfindet man als Gegenwart. Was der Lieferambo als Gegenwart skizziert als eine ferne Vergangenheit, nicht die eigene. Real erscheint einem eine Geschichte, die man als Kind las. Von den letzten Vampiren, die der Ausrottung durch die Pfähler und Silberschützen per Zeitmaschine in die ferne Zukunft entgehen wollten. Tausende von Jahren später beherrschen Katzen die Welt, doch auch sie wissen noch, was Blutsauger sind, empfangen einen mit Bioziden, die gegen gigantische Mücken entwickelt wurden. Dann versagt die Zeitansage der Maschine und man landet in einer Zukunft, die keine Vampire kennt. Längliche, rote Stäbe mit saftig-grüner Slideshow-Bob-Frisur empfangen einen freundlich. In eurer Zeit, verkünden sie, hätte man uns Mohrrüben genannt. Gemüse beherrscht die Welt, nicht mal Blutorangen gibt es. Eine prophetische Geschichte, die vor einem Jahrhundert die vegane Revolution vorwegnahm. Mag sein, dass die Welt des Lieferambo dieser blutleeren Welt ähnelt. Wäre besser als die Welt, in der man lebt und von der der Madensommelier meint, man lebe nicht in dieser Welt, sondern in einer halluzinierten Kopfgeburt. Die Haut, der man sich erwehren möchte sei tatsächlich der Ereignishorizont einer Psychose. Die Anne Will Krieg-Talks, die als Satteliten 36000 km über der Erde kreisen, als GPS-Sender der sozialen und politischen Orientierung. Die Interkontinentalraketen, deren Apogäum eine Höhe von 1200 km hat. Entscheidungen und Richtungsweisungen weit über alle Köpfe hinweg, und doch so nah wie die Fernbedienung, die einem die winzige Kontrolle über das ermöglicht, was man von hier aus sehen kann. Fernab hochdroben die An-aus-Beschlüsse über unsere Existenz, während man selbst entscheiden darf, ob man nur notwendige - welche Cookies bitteschön sind notwendig? - oder alle Cookies zulässt. Freiheit: das ist wenn Spiegel-online gönnerhaft mitteilt, man dürfe frei entscheiden, welchen Werbeclip man zu sehen bekomme. Die erzwungene Wahl zwischen kommerziellen Zeitfressern als letztes Reservat des freien Willens. Und erst all diese Werbespots, die Sendungen unterbrechen, ohne das geringste mit dem Inhalt der Sendung oder überhaupt mit einem selbst gemein zu haben. Eklektizistische Störungen, die über die Interessen des Betrachters hinwegpflügen, durch Unterbrechung Aufmerksamkeit für sich beanspruchen, selbst in Youtube-Videos zum Thema unterbrechungsfreies Arbeiten. Werbefreies Lesen von Artikeln nur noch gegen Ablasszahlung, wer die sich nicht leisten kann, bleibt halt dumm. Teile und Herrsche  = Zerstreue und Herrsche. Die Musikvideos mit eingeölten Modells, darunter der Fließtext, der mitteilt die Welt befinde sich am Rande des nuklearen Armageddon. Die Experten, die einem holzschnittartig erklären wohin die Zeit sich wendet. Das Wissen Macht ist heißt ja nicht, das Klugheit Macht ist. Dennoch zieht man diese Welt, von deren Gräueln man sich ins Unpersönliche `man` zurückzieht, um nicht vor lauter Betroffenheit in seltenen Erden zu versinken, derjenigen vor, die der Heuschreckenkurier als wirklich behauptet. Man mag einfach nicht in einer Welt leben, in der Fast-Food-Restaurants nur noch Veggieburger feilbieten. `Meine Güte`, echauffiert sich der Pillendreher: ´ginge es nach ewig Garstigen wie Ihnen müssten Kühe und Fische heute noch leiden. Dank ihrer Generation dürfen wir heute noch Schleppnetze aus dem Meer entfernen.` Freiheit, meinte ein entfernter Bekannter, ´ist das Recht auf Unvernunft`. Auf Trotz, dem letzten Reservat an Eigenständigkeit, wenn alles zur Zufriedenheit von allen bis auf einem geregelt ist.      

"Was Du für einen Unfug redest will er wissen. Niemand sperrt uns aus. Wir sitzen hier fest, weil es seit Wochen stürmt. Der Fährbetrieb ist eingestellt, was faselst Du da von einer Käseglocke rund um die EU? Ungläubig starrst Du aufs Meer. Die See ist spiegelglatt, reglos wie geschmolzenes Glas."

Es laufe alles wie geschmiert, man müsse sich um nichts Sorgen machen, seit die UNO und die das Weltwirtschaftsforum zur Weltregierung fusionierten. Deren Zusammensetzung funktioniert ähnlich wie diejenige der NHL. Will man in der ersten Liga bei geopolitischen Angelegenheiten ein Wort mitsprechen, muss man sich mit einigen Billionen klimaneutralen Bitcoins einkaufen. Kanadisches System nennt sich das in Anlehnung an das kanadische Einwanderungsgesetz. Den Nationalstaaten außerhalb des United World Governments bleibt lediglich innenpolitische Souveränität in Bezug auf Bildung, Genderfragen, Familienpolitik. Gedöns nannte das einst ein berüchtigter Lobbyist. Wie es mit Systemauseinandersetzungen, der Konfrontation zwischen Autokratien und Demokratien aussehe? Entgeistert schaut er Dich an. Das habe sich lange erledigt, seit in sämtlichen Demokratien, die politisches Gewicht haben, Nationalisten und Neofaschisten stabile Mehrheiten stellen. Na, zumindest eine Entwicklung, die einem auch in der eigenen Welt plausibel erscheint.          

Man fragt sich bei all den Meldungen über `Schwere Verluste` was wohl leichte Verluste wären. Soldaten im dutzend fälliger? Weniger Aufhebens um Gefallene wenn der Body Count wie die Corona-Inzidenz unter 50 sinkt? Wenn es ein Hospiz trifft statt eine Kinderklinik? Man kommt vor lauter push-Nachrichten nicht dazu darüber nachzudenken. Ständige Informationsflut deren hinterhältige Botschaft in ihrer Permanenz besteht: man darf gar nicht daran denken, das ist der Zweck der unablässigen Ablenkung. Dazu die erschütternde Gleichwertigkeit der Meldungen, die jede Debatte über zu verteidigende Werte ad absurdum führt. Erst: Russland (das Land der Ruderer, Rus leitet sich ab von einem alten norwegischen Wort für Ruderer) stationiert taktische Nuklearwaffen in Belarus. Direkt als Nächstes: Schlaf, Kindlein, schlaf. Was die beste Einschlafhilfe für Babys ist. Taktische Narkolepsiebomben. Bela Lugosi und Belarus. Kopfschüttelnd widmet man sich seinem neuesten Steckenpferd. Einem Sammelsurium der irrsten Vorschläge von Rechtsstreitprogromen (garantiert KI-frei).

Zeitumstellung. Wie umstellt man Zeit? 

Gelungene Persiflage auf Dieter Nuhr und den reaktionären Klamauk den er als Kabarett verkauft: Die Comedy-Bühne als Ort, an dem man Chauvinismus, Neoliberalismus und Rollenklischees übelster Sorte als Humor verkauft. Man wird doch wohl noch sagen dürfen als Kurz- und Kleinkunst. Es steht zu befürchten, dass die Lacher echt waren.` Die Kehrseiten der Meinungsfreiheit. Die Freiheit, Fakten zu verdrehen, die Freiheit zu agitieren, zu manipulieren, Missstände zu verharmlosen und so weiter. Ein hohes Gut, das zugleich Schmiermittel von Marketing und politischer Propaganda ist. Meinungsfreiheit und Doppelsprech auseinanderzuhalten ist eine schwer lösbare Aufgabe, sie verlangt dialektische Anstrengung. Bleibt zu hoffen, dass diese nicht unterbleibt, damit man nicht in einer Gesellschaft aufwacht, in der Antithesen ein Haftgrund sind.   

"Du vergisst wer Du warst, was Du konntest, wen Du kanntest. Warst Du Klavierspielerin? Spitzenklöpplerin? Bevor Du Dich dem Schlapptau Deines Yacht- und Wiesenkapitäns mit dem Ruder auf dem Lacoste-Shirt anvertrautest warst Du mit jemandem liiert der wirklich so alt war wie Käptn Knaller sich gibt, mit seinem Hans-Werner Sinnbad. Sorgt sich um Altersdiskriminierung, dabei ist er jünger als Du und Du bist noch 50-. Laut Perso. Du erinnerst Dich, dass jemand in deiner Verwandtschaft an Demenz litt. Wäre ein wenig früh, aber nicht unmöglich. Ein Impfschaden. Long Covid. Zu viele Grappas. Die ewige gleißende Helligkeit, jetzt, da die Tage länger dauern. Du bist Dir sicher, dass Du in einer anderen Welt lebst, doch auch Träumer sind sich sicher nicht zu träumen. Die Insel ist größer, als Du dachtest. Anders ist nicht zu erklären, dass grade eine Omnibus vorbeifährt. Er gibt den Blick frei auf ein fensterloses Gebäude. Ein Wandgemälde, dem die Fensterlosigkeit zu gute kommt. Lukenloses Bild. Die heilige Maria mit einem Dolch im Herzen hält an beiden Händen Thunfische am Maul fest, Kopf an Kopf wie erbitterte Rivalen. Die Köper der Fische biegen sich symmetrisch, formieren ein Boot, in dem die Heilige hockt, eine Dame ohne Unterleib. Eine Dolchstoßlegende mit Speisefischen. Leviathan als eineiige Fischsaurierzwillinge - Laichname, gleichnamig, Thunberg und Thunberg. Der Herzschmerz der Tugendhaften, das Gleiches mit Gleichem spinnefeind haftet an gleichen Interessen, die Interessenkonflikte begründen. Will jeder das Glaiche, führt es zu Gewalt, staatstragend zum Krieg. Krieg ist kein Verbrechen, nur deswegen kann man von Kriegsverbrechen reden weil Krieg an sich nicht illegal ist. Widerstand gegen die Staatsgewalt sehr wohl. Hinter diesen Mauern lauern hoffnungslose Fälle, nicht ohne Hoffnung auf einen anderen deutschen Fußballmeister als Bayern München, sondern ohne Hoffnung auf Tageslicht. Das Motorengeräusch an- und abfahrender Tragflächenschiffe verrät ihnen die Tageszeiten. Das nennt man wohl Abbrummen. Wer so gestraft gehört sind diejenigen, die straflos derartige Strafen verhängen. Die Heilige, bis ins Herz getroffen von der mangelnden Friedfertigkeit der um Ressourcen kämpfenden Widersacher, hält die Mäuler. Bevor die Fische sich lautstark darüber beklagen nicht gehört zu werden. Von wegen Fische sind stumm. Gut, dass Knurrhähne schmackHaft sind."

"Lichte Momente. Wenn Dein Gönner zu den Sternen blickt und sich fragt - was war wohl dort los vor Millionen von Jahren, als das Licht seine Reise zu uns begann? Wurden dort Zivilisationen vernichtet und Streaming-Serien voller Stereotypen produziert? So wie Tod in der Lausitz. Kohleabbau als Metapher für aufwühlende Ereignisse, gut gewählt, aber dann diese Dialoge. Jede(r) Ostdeutsche über 50 Stasinostalgiker, Rassist und entweder korrupt oder zu besoffen für Bestechlichkeit. Donnerwetter, soziale Verwerfungen sind dem egal, aber wehe sie werden in Unterhaltungsformaten nicht adäquat abgebildet. Erinnert dich an die Buchrezension zu einem Roman, dessen Anspruch so monströs sei, wie die formale Umsetzung brillant. Die x- te Beschreibung des schreienden Unrechts von Klassengegensätzen, die Rezension feiert die Missstände ab, denn ohne sie wäre dieses Meisterinnenwerk nicht entstanden. Das Anprangern politischer Verhältnisse ereignet sich in Romanen, also da, wo sie nichts bewirken. Orwell und Huxley - an Harmlosigkeit kaum zu unterbieten. Jedes Wort eines Despoten wiegt leider mehr."

Die Stationierung von russischen Atomwaffen in Belarus sei kein Grund zur Panik, es ändere nichts an den Gegebenheiten. Das stimmt. Gründe für Panik gibt es genug. Da machen die paar Massenvernichtungswaffen den Kohl nicht fett. `Ihre Sehnsucht nach Apokalypse ist grotesk. Sämtliche Atomwaffen stehen unter ständiger Aufsicht der Ärzte gegen den Atomkrieg. Sie werden ausschließlich vorgehalten um NEOS von ihrer Bahn werfen zu können, wenn die sich auf Kollisionskurs mit der Erde befinden. Und China? Die Chinesen begrüßen das weltpolitische Klima außerordentlich. Sie schenkten der Welt ihren Hundertjahresplan zur Abwehr von gefährlichen Himmelskörpern. XI Ping ist ein Fan von John-Carpenter Filmen, er nannte das Meteoritenabwehrprojekt `Dark Star.` Was ist bloß in Sie gefahren, dass sie derart auf den Weltuntergang stehen?` Das Alter, forse, möglicher Weise ist die Ende-der-Weltsicht Wunschdenken...soll es doch wenn schon dann alle gleichzeitig erwischen. Wie in Melancholia. Was bleibt einem denn noch, außer Fäkalsprache (Koten als Sex des Alters) und der Einsicht, das Beckett Zukunftsromane verfasste. Über das was ihn und uns alle erwartet. Die Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit des gelebten Lebens.       

Nun ist es soweit. Man nimmt jede Beerdigung persönlich. 

"Mit Pauken und Trompeten zieht ein Trauerzug vorbei, schleppender Schritt, schleppender scheppernder Marsch, der Gewichtigkeit und Bedeutung der oder des Verstorbenen durch inszenierte Mühsal Ausdruck verleihend, wir alle haben das Kreuz zu tragen, man marschiert zusammen, doch jeden erdrückt die Last allein. Musik wie aus einem Kusturica-Film. Der Marsch endet am Friedhof, senkrecht stehende Grabkammern, symbolisch für aufrichtige Haltung, letztlich jedoch nur Platz- und Aufwand sparend, steiniger Boden, von wegen Erde zu Erde und Staub zu Staub. Knochen zu Marmor."

"Während der Levante Friedhöfe, Gassen und Baugerüste in Windharfen verwandelt denkst Du zurück an Trennungen, die Lichtjahre her sind. Der Choleriker der Dich für verrückt hielt. Es haben keine Fremden unser Haus besetzt, wir haben es vermietet. Wir wohnen dort nicht. Wir befinden uns nicht in einer Episode aus Stranger Things. Und hör endlich auf von dir immer in der zweiten Person Singular zu reden. Mit Deinem Käptn Minipli wird Dir das nicht geschehen. Der redet ohne Unterlass. Es ist ihm egal was Du sagst. Er leugnet nicht mal Deine Wirklichkeit, er stellt sie in seinen Schatten. Kichert gelegentlich über Deine Furcht vor IkaRussen. Vor Geröll auf abschüssigen Gehwegen. Geh weg! Vor den Gesängen von Beamten, vor einer Sommerhitze, in der die Flügel der Bienen und die Blätter der Bäume verbrennen. Vor menschenleeren Dörfern, deren Bewohner in unterirdischen Bunkern hausen, die zugleich Schutz vor Hitze und nuklearen Angriffen bieten sollen."  

Sie sind verbittert wie ein Greis, bekommt man vom Bringdienst aufs butterlose Butterbrot geschmiert, Sie sind doch erst 40. Meschugge, aber jung. Bevor man fragen kann, woher er das butterschön wisse - man ist mindestens 60 Jahre alt, warum sonst erhielte man Werbeclips für Kreuzfahrten, Bridgeabende und Treppenlifte - serviert er die Antwort: Sie wissen schon, das Essensbestellungen über ihre globale Wellness-Card abgewickelt werden? Das ist sinnvoll, so wissen die Krankenkassen jederzeit über ihre Ernährungsgewohnheiten Bescheid und passen Beiträge und Angebote an. Der Magen knurrt. Wo um alles in der Welt ist der Kühlschrank geblieben?

Während einem dämmert, dass man vergeblich auf die Pizza wartet, denn die verdrückt grade der mit vollem Mund brabbelnde Entomologe, von dessen Unterlippe Fett trieft und dünne Beine herabrieseln - Er klingt zerknirscht, wahrscheinlich aufgrund der Chitinpanzer, die er zermalmt - vertreibt man sich die Zeit mit der aus dem Gedächtnis heruntergeladenen Kolumne Sacha Lobos. Der erinnert sich an ein Diskussion mit dem Deutschen Ethikrat. Selten, schreibt er, habe er eine derartige intellektuelle Flughöhe erlebt. Das klingt bewundernd und - weil er dazu gehören durfte - selbstbewundernd. Pah. Für jemanden, der unter dem Radar fliegt ist nahezu jede Flughöhe außerordentlich.

Die glücklichen Finnen entmachten ihre populäre und erfolgreiche Ministerpräsidentin. Zu jung, zu unerfahren, zu lebensfroh um ihr und sich den Erfolg zu gönnen. Stattdessen rückt Finnland nach rechts, so als gehöre zum Glücklichsein der reaktionäre Aufguss, der genau dafür sorgt, dass weltweit die Kacke so dampft wie das Innere einer Sauna in Lahti.

"Deine Höhlenmalerin ist abseits ihrer Schächte und Tunnel überzeugte Marxistin, so wie Anhängerin eines traditionellen Familienbildes mit dem Mann als Ernährer und der Frau als Mündel. Das sei kein Widerspruch, denn: jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen. Nicht etwa jede nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten. Es steckt Weibliches genug in `Die Partei`. Sie selbst bleibt Freigeist, denn: die Regeln sind für die Gesellschaft, sie zieht das Alleinsein vor."

"Inseln der individuellen Freiheit: die Toilettenspülungen. Jede hier ist anders. Manche werden mit einem Pedal in Gang gesetzt, andere mit einem in der Wand angebrachten Druckknopf. Bei wieder anderen muss man eine Scheißleine ziehen. Was ist das, Freiheit? Nicht dasselbe wie Mitbestimmung, sondern das Zulässige im Rahmen der jeweils gültigen Gesetze und Machtstrukturen. Das spiegelt den Kontrast zwischen Arbeits- und Freizeit. Letztere dient vordergründig der Erholung, vor allem aber der kostenpflichtigen Freizeitgestaltung, dank der so viele Branche prosperieren und florieren. Man sehe sich nur hier um: lauter Kletterer, die alle dieselbe Funktionskleidung tragen, unifarben und quietschend exakt so wie die Plastikgriffe, die sie aus ihren Hallen gewöhnt sind. Zwei Wochen Naturerlebnis in Klamotten, die strahlen wie das Chassis eines Protzautos. Missmutig und trotzig betrachtest Du Deinen Bauch und die Krümel des Pistaziencroissants auf Deinen Hosenbeinen. An zu einem Verstehtisch...Fetisch...umfunktionierten Weinfass unterhalten sich die Cafebetreiber über den Krieg, ihre Angst vor einem guerra del mondo nucleari. Ich habe, sagt der eine, vor einer demokratischen Atombombe genau so viel Angst, wie vor einer faschistischen. Wie man es dreht und wendet: in einer Welt der globalen Bedrohungen ist Staatenlosigkeit ein frommer Wunsch, Alternativen zu den Machtanhäufungen, die das Desaster und die Auslöschung der Subjekte erst ermöglichen sind nicht in Sicht. Hauptsache, die Idee des Staates und die unsichtbare Hand des Marktes überdauern die Apokalypse."        

"Zu Besuch in einer Geisterstadt. Fassaden fragil wie Aschesäulen. Bedrohliche Windräder - Growiane - können die Gebäude jederzeit wegpusten wie Flusen einer Pusteblume. Wir wandeln umher zwischen Ruinen, während Du schweigst freut er sich, dass hier endlich mal wieder Leben in der Bude ist. Es ist Frühling, die Eiscafes öffnen. Unerschrockene nehmen Wellenbäder im Meer, das so klar ist wie es nur nach den von touristischen Heimsuchungen verschonten Wintermonaten ist. Alles blüht, das Niesen der Allergiker mischt sich mit dem Maunzen verfressener Katzen, die Brotkrumen von den Tischen verschmähen. Alles, was nicht Fisch, nicht Fleisch ist, empfinden die Pelztiere als Affront. Du hingegen hörst nur den Peilton einer Zwergohreule, für Dich ist es nicht Morgen sondern später Abend, das Meer ist weit weg hinter den Hügeln, es ist zugig und kalt in den verlassenen Gassen und Du weißt nicht, ob Du Dich in der Geisterstadt befindest oder sie sich in Dir. Auf einem Balkon steht noch ein Blumentopf. Die Kirche überragt einsam das zerbrechliche Ensemble der verlassenen Behausungen, die Kirchenglocke spielt stumm das Lied vom Tod, Scheu lugst Du durch deinen Schlitz im Gemäuer, siehst auf ein eigentümlich gepflegtes Interieur. Auf den Kirchenbänken liegen vereinzelt Bibeln und Gesangsbücher, aufgeschlagen vom Wind und von Gespenstern, Partituren für Gesänge, die nur in Träumen zu hören sind und manchmal, wenn sich wer traut hier zu nächtigen. Ein Erdbeben zerstörte die Gemeinde kurz vor der ersten bemannten Mondlandung. Hinterließ eine brüchige Zeitkapsel, ausgestattet mit Warn-und Verbotsschildern, angeblich auch mit Videoüberwachung (wohl auch das Fassade, wie Warnung vor dem Hund ohne Hund). Eine umzäunte, verbotene Zone, anziehend und abstoßend zugleich, jemand hat Steine gestapelt, so dass man das Mauerwerk überqueren und das Dorf illegal betreten kann. Du denkst an Nagasaki, Tarkowski und die Zukunft. Du hörst ein Plätschern. Hinter der Kirche eine Zisterne. Aus einem Wasserhahn strömt klares Wasser in ein Marmorbecken. Fragst Dich (wen sonst?), wessen unablässiger Durst hier gestillt wird. Dann gesellen sich Spatzen und Katzen zu Dir, seltsam zutraulich, wie Menschen, die sich ewige Zeiten nach Gesellschaft sehnten. `Was möchtest Du trinken?`, erkundigt er sich. Was für eine selten dämliche Frage."   

Ostern. Fest der Vergebung. Vor lauter Fernweh weiß man nicht wohin, also bleibt man wo man ist. Man erhielt via Fakebook eine Eiladung zu einem Liederabend in einer Kirche. Mitsingen erwünscht. Karaoke unter dem himmelwärts die Kuhaugen verdrehenden, wächsernen Antlitz des gekreuzigten Eiland. Man bleibt lieber Eisiedler. Auf Telegrimm ein Gruß aus einer Vergangenheit, von der behauptet wird man habe sie mit der Absenterin geteilt. Foto von einem in eine gigantische Höhle gebauten, verlassenen Dorf. Weißt du noch? Grüße von Damals. Deine Unverendete. Man erinnert nicht, aber wird erfüllt von einer unermesslichen Traurigkeit. 

Leben. Aprilschmerz. Nicht nur, dass man altert, um einen herum verjüngen sich die Anderen. Inklusive dem Tierhüter, der sich als Pizzabote ohne Pizza Zugang zur Wohnung verschaffte. Nimmt sich alle Freiheiten, fühlt sich ganz zu Hause, zog sich ungeniert um, vis-a-Rück, nun ist er zwanzig Jahre jünger. Trägt Jeans, die mehr Lücke als Hose sind. `Endlich Feieramt. Kommen Sie doch mit zur Bar jeder Vernunft. Feiert heute Wiedereröffnung. 6 Wochen Quarantäne nur wegen eines tbc-Falls, nicht mal ne Offene. Statt hier zu versauern machen Sie doch mal einen drauf. Mann, sie sind in Berlin, nicht im Osloer Winter.` Zu singen fängt er auch noch an: `Du bist noch keine 60, und Du bist auch nicht nah dran.` Licht,  das durch Zeitkristalle in Spektralfarben zerlegt wird, ist kälter als der Tod. Temperatur unterhalb des absoluten Nullpunktes. Umkehr von Entropie. Schatten fügen sich zu unerbittlicher Ordnung. Wie die Verfasserin der Höhlenmalerin schrieb. Nur die Schatten sind wirklich. Exklusiv die Fiktionen sind wahr. Da steckt man nun fest in einer Dystopie, auf sich allein gestellt in aller Welt. Hat wenig von der Umkehr des Zeitpfeils, selbst wenn man sich verjüngt, erscheint es einem als Erinnerung, stellt die Biografie das eigene Leben vom Kopf auf die Füße, mit denen voran man aus der Butze getragen wird. Was geschieht mit Raum und Zeit bei abnehmender Frequenz des Lichtes? Sie verkürzen sich, bis Milliarden Lichtjahre auf eine Fantosekunde zusammenschnurren. Bei maximaler Rotverschiebung heben Raum und Zeit sich auf zu einer Singularität. Unendliche Langewelle. Olaf Scholz. `Was habe Sie denn mit dem zu tun? Sagen Sie bloß sie glauben diesen Mist von der Erdabkühlung?` 

Trockene Heizungsluft. Es riecht nach schwerer, gutbürgerlicher Küche, Schweinebraten, mit Mondamin verdickte Sauce. Dampfende Kartoffelknödel. Wunschmampfen. Nichts da! Hier ist Fastenzeit im Angebot. Hungertuch statt Energiesparen. Muskeln gieren nach Auslauf und Auflauf. Man sehnt sich nach Felswänden, Toehooks, Heelhooks, Redpoints, entsprechend dem Selbstbild. Stattdessen verschanzt man sich, den Kopf schildkrötenartig eingezogen zwischen verspannten Schultern, in dieser Zweiraumwohnung, der zweite Raum das Bad mit behindertengerechtem Klo, ein monströs fehlgebildetes Readymade. Es fällt einem ein, dass man einst einen Blog schrieb. `Zwischen den Herzschlägen sind wir schon tot.` Chronologien von Solchen und Seuchen. Leser? Fehlanzeige. Stattdessen reagieren Algorithmen. Die ZEIT fragt ob man teilnehmen möchte an einer Studie `Angst vor dem Alter`. Zeit leitet sich ab vom lateinischen cidere = töten. Suizeit. Homizeit. Cidre wäre einem jetzt lieber. Dazu Handkäs mit Musik und 30 Jahre weniger auf dem Tacho, und die Begleitung dabei so wie man sie erinnert, mit Vampirblick und dem Ausdruck von Gier, der einem schmeichelt. Mit wie wenig man sich zufrieden gab, als man noch Studien abbrach.     

Der Vater im Traum, jünger und vitaler als man selbst (wie der in Kafkas Verwandlung) spottet: für Dich gibts nicht mal ein Abstellgreis. Während das Siechtum näher rückt drängen sich zunehmend Kindheitserinnerungen auf. Songs von The Sweet und Alan Parsons Project. Albernheiten von Otto Waalkes, verfasst von Pardon-Redakteuren: Er würgte eine Klapperschlang bis ihre Klapper schlapper klang. Teuflische, taufrische Jahre. Postmoderne klang modern. Der erste Aschenrechner. Kriegsdienstverweigerung. Scheitern an einem body-stocking. Gestochen scharfe Bilder, während man die eigene Umgebung immer verschwommener wahrnimmt. Man erinnert sich an Namen und Gesichter von Jugendfreunden, die man Jahrzehnte längst vergessen hatte, dafür sind einem die Namen und Gesichter um einen herum komplett fremd. Auch dies Indiz, immer tiefer aus der Gegenwart zu fallen. `Wären sie ein gemeingefährlicher Verbrecher`, grinst der alles andere als stumme Diener, `müsste man sie weder betäuben, noch fesseln. Sie leben ja jetzt schon so.` Keine Erinnerung an die letzte Mahlzeit. Wird man etwa künstlich ernährt?

"Du musst aus dem nicht schlau werden. Dieser Körperkult eines Pensionärs. 400 Meter Lagen im Arschkalten, 2 Schachteln Gauloises Blau pro Tag. Schaut her, nichts bringt mich um. Jeden Tag, den ich älter werde, erhöhe ich die Dosis Alkohol und Nikotin sowie die Frequenz und Anzahl meiner Schmetterlingszüge. Ich habe nichts gegen Schwule, aber wenn sich Männer küssen schaue ich weg. Ein Homophobie-Engramm aus Zeiten, als es den § 175 noch gab. Außerdem sind die Ressentiments geblieben. Machen wir uns nichts vor. Die Fraternisierung von Demokratie und Kapitalismus muss immer neue Freiheiten erfinden, damit die Menschen jede Menge ökonomische Zwänge akzeptieren, ebenso wie die wirtschaftliche Unvernunft von Chefs, die ihre Entscheidungen nicht aufgrund lukrativer Geschäfte, sondern aus purem Sadismus treffen. Gendern und Kiffen, ist doch der Mehrheit nach wie vor zuwider. Man hat lediglich akzeptiert, dass ästhetischer Widerwille nicht Grundlage allgemeiner Gesetzgebung sein sollte, das beeinträchtigt zu viele Zielgruppen. Du denkst: man gewöhnt sich an alles, selbst an die Atombombe, die baldigst im Rahmen der Energiewende durch Wasserstoffbomben ersetzt wird. An den. An die zusammenhangslosen Pseudoweisheiten. Von fatalen Lebensstilfaktoren zu Schwulenfeindlichkeit. Du zweifelst. Hast Du Dich wirklich getrennt oder ist dieser Inkubus von Kerl immer noch derselbe?"     

Man wisse schon, schulmeistert der Herr der Löcher, dass man sich mit der Ausgangsverweigerung strafbar mache? Ein klarer Verstoß gegen das Faucci-Dekret und die Gesetze der WHO. Mindestens zwei Stunden pro Tag Aufenthalt im Freien, einmal pro Woche zwingend im Wald. Vorschriftsmäßiges Schwimmen und Joggen. Schon gar keine Zigaretten und Alkohol nur auf Rezept. Es geht einen eigentlich nichts an. Man wendet Loci-Technik und Gedächtnispaläste an, um sich ein Leben zu vergegenwärtigen, das man leben wollte, fern der Jämmerlichkeit von Filmrissen und nächtlichem Reizhusten. Selbst das Xanadu. Hockt im Paradies, gequält von Fernweh, sieht den anderen Kindern beim Spielen zu, während einem vor lauter Antriebslosigkeit nicht Besseres einfällt als Sonette über die Antriebslosigkeit zu verfassen, wie sich von selbst versteht lediglich in Gedanken, unvollendet zudem. 

"Ein Trip auf eine Insel, vor der Insel, weit draußen. Nicht weit jenseits von Afrika. Auf einer Kirchwand Keramik, handbemalt mit maritimen Katastrophenszenarien. Grausamkeiten als naive Malerei. Haie beißen badenden Kindern Beine ab. Cthulhu zieht ein Schiff in die Tiefe. Ein Tsunami überschwemmt die Insel. Irish Setter, Überbleibsel der Armada Lord Nelsons, knabbern an menschlichen Kadavern. Das Meer, Lebens- und Gefahrenquell wie ein Vulkan. Der Koch, der beim Zubereiten von Knurrhahn (Capone) von dem Boot erzählt, das 10 Minuten vom Hafen entfernt bei Windstille und einer See glatt wie Papier spurlos verschwand. Statt einem Luftloch ein Wasserloch. Tauchte so wenig wieder auf - außer als Frage in hiesigen Quizzshows - wie dieser italienische Physiker der hieß wie ein Gewürz. Angeblich wollte er die Konsequenzen der Heisenbergschen Unschärferelation in einem Selbstversuch erforschen, also ging er von Bord und nicht an Land - oder eben doch in einer anderen Version seiner Biographie, so anders, dass sie in dieser Weltversion nicht einmal Fiktion wurde. Leben. Ein Selbstversuch, über dessen Ausgang niemand berichtet, jedenfalls nicht dass wir wüssten. Die entscheidende, unentschiedene Frage: kann man mit beliebiger Präzision feststellen, ob jemand tot oder lebendig ist? Ob überhaupt jemand ìst`? What the bleep do we know. Wie sollen wir wissen wer wir sind, wenn wir noch nicht einmal wissen was wir sind?"   

Verkehrte Welt, wie gewöhnlich. Die Nervensäge vom Dienst ist weg, dafür ist die Frau mit dem Kittel wieder da. Mit einer Pizza! Wenn auch vegetarisch. Margherita. Lieber hätte man jetzt den Cocktail der so heißt. `Wohl bekomms. Danach aber`, prophezeit sie düster`, geht es vor die Tür. Damit Sie nicht mehr ihre Kopfgeburten mit der wirklichen Welt verwechseln.` Was man ihr schuldet möchte man wissen. `Machen Sie Scherze? Wird alles direkt aus ihrem Frontalkortex abgebucht.` Draußen: eine Großstadt aus Baumhäusern und Radwegen. Luxusversion des Hambacher Forst und der Niederlande. Fressbuden? Fehlanzeige, ebenso wie Restaurants. Weltherrschaft - wie gendert man das? - der Lieferdienste. Millionen von Radfahrern werden fürstlich bezahlt in virtuellen Yen. Internet heißt Neuronet, Direktverbindung der Synapsen über Körpergrenzen hinweg. `So weit kommts noch`, prustet die Kittel, `sie haben Phantasie, das muss ich ihnen lassen. Aber wir sind auf einem guten Weg. Anfang Mai wird in der CEU die letzte Shopping Mall abgeschaltet.` Plötzlich aufkommende Sehnsucht nach Tachonadeln und Antistatikbändern.

"Du lässt die Klimaanlage laufen, obwohl die Raumtemperatur angenehm ist. Es ist wegen des Geräusches, deinem einzigen Freund. Die Illusion als befände man sich an Bord eines Flugzeugs, in dem Vergänglichkeit nicht existiert, nur die ewige Vorfreude auf die Landung."    

"Eine Ameisenstraße auf der Terrasse, vernichtet von Dir. Chemische Kriegsführung, und rohe Gewalt. Bedenkenloser Massenmord, oder wie er es sarkastisch ausdrückt: Du bist eine klasse Mörderin. Krasse Mörderin. Nachts zieht das Traumgericht Dich zur Rechenschaft. Phase IV. Wie nebensächlich das Töten sein kann. Herrscht noch irgendwo Krieg? In den Medien werden die Gefechte in Bachmut beiläufig erwähnt, eine tägliche Routine wie der Wetterbericht. Im Osten nichts Neues. Die Schach-WM zwischen einem russischen und einem chinesischen Spieler erzeugt mehr Resonanz, ohne dass dies der politischen Symbolik geschuldet wäre. Brisante statements gehen als Nebensatz in Artikeln unter, die denen vorenthalten sind, die für werbefreie Texte berappen (nicht beworben zu werden ist gebührenpflichtig, man zahlt dafür, dass etwas unterbleibt, Modell Schutzgeld). Man müsse in der Ukraine aufs Ganze gehen fordert ein hohes Tier der internationalen Sicherheitskonferenz. All in mit der Menschheit als Einsatz. Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben mit dem digital reanimierten Peter Sellers als Joe Biden und Wladimir Putin. `Willst Du jetzt echt den ganzen schönen Tag in der Bude bleiben und Netflixen?` Hättest Du beinahe vergessen. Grauenvolle Ereignisse geschehen nur in Serien. Das Meer ist ruhig, nur weit hinten an der Tonnara, an der einst die Mattanza zelebriert würde, türmt sich die Gischt. Weit weg. nah dran."    

Man soll jeden Tag so leben als sei es der letzte. Macht man. Jeder Tag fühlt sich so an als wäre es der letzte. 

Ryanair lädt ein: Ihre Pause in Belgien. Es ist noch nicht weit her mit Künstlicher Intelligenz wenn Algorithmen derartige Offerten ausspucken. Vielleicht ein digitaler Reflex auf eschatologische Grübeleien. Brüssel sehen und sterben. Was sonst will man in Belgien?

Ein 21-jähriger leakt Staatsgeheimnisse um seinen Altersgenossen zu imponieren. Damit macht er Geschichte. Es bedarf keines weiteren Beweises um zu zeigen, dass Geschichte von Angebern gemacht wird.

"In einem Cafe'  näher an Afrika als ein Europa: ein Mona Lisa-Poster mit Hitler-Bärtchen. Daneben ein Bild von Hemingway mit Brüsten. Der alte Diverse und das Meer. Beides Wirklichkeit, beides Gründe für Freiheitsentzug."

Im Halbschlaf überlagern sich die Begriffe: Verteidigung, Vereidigung, vergeigt. Man blickt auf eine Gestalt mit Melone, dessen Gesicht eine Pizza Diavola ist. Auf ihr steht mit Peperoni geschrieben: `Die Menschen haben es jetzt in der Beherrschung der Naturkräfte so weit gebracht, dass sie es mit deren Hilfe jetzt leicht haben, einander bis auf den letzten Mann auszurotten. Sie wissen das, daher ein gut Stück ihrer gegenwärtigen Unruhe, ihres Unglücks, ihrer Angststimmung.` Man kennt diesen Satz. Sigmund Freud formulierte ihn 1930 in `das Unbehagen an der Kultur`. Da war die Atombombe noch nicht erfunden. Man erinnert sich. Der Gegensatz von Kultur und individueller Freiheit. Die gesellschaftliche Instrumentalisierung von unterdrückter Aggression und die Macht derer, die ihre Aggression lustvoll ausleben: `...ihm ist der nächste nicht nur möglicher Helfer und Sexualobjekt, sondern auch eine Versuchung, seine Aggression an ihm zu befriedigen, seine Arbeitskraft ohne Entschädigung auszunützen, ihn ohne seine Einwilligung sexuell zu gebrauchen, sich in den Besitz seiner Habe zu setzen, ihn zu demütigen, ihm Schmerzen zu bereiten, zu matern und zu töten.` So steht es auf der Pizza geschrieben. So funktioniert der Wettbewerb, dessen Fairness lediglich in der Abschwächung des Prinzips besteht. So begründet sich Kriegslüsternheit. Das Versprechen der Teilhabe an der ungehemmten Triebbefriedigung ist verlockend, selbst um den Preis des eigenen Lebens. Und dann noch freigesprochen von Schuld, da man der moralisch richtigen Sache dient, der Schönheit, Sauberkeit, Ordnung, der Gesundheit des Volkskörpers. Nur folgerichtig, Schwerverbrecher an die Front zu schicken und ihnen Straferlass in Aussicht zu stellen. Metzelt, mordet, vergewaltigt - aber für die richtige Sache. Seit Freud verschiebt sich das Unbehagen, das Unbehagen an der Kultur gerät vor allem zum Unbehagen an der Wissenschaft. Wissenschaft ist der größte Unlustproduzent der Welt. Klimawissenschaft, furchtbar und deprimierend. Wie überhaupt Fakten. Gut, dass die digitale Welt so viele Möglichkeiten der Faktenverleugnung schafft. Gegen die Technik hat man nichts, so lange sie einem erscheint wie das Geschenk von Magiern, die Erlösung verkünden. Das Schlimme sind Erkenntnisse, die sich hartnäckig ihrer Verleugnung verweigern. Deswegen ist es verführerisch, sich in Zeiten zurück zu versetzen als die Erde und der Mann noch der Mittelpunkt des Universums waren, mindestens aber vor die Zeit Darwins, Freuds, der Frauenrechtsbewegung, des allgemeinen Wahlrechts, der Abrüstungsverträge und des Christopher-Street-Days. Diktaturen, Autokratien, die Taliban und Sekten: sie versprechen Teilhabe an lustvoller Repression und Aggression im Dienste höherer Moral, wenn man(n) sich ihnen verschreibt. Sie befreien ihre Anhänger von der bedrückenden Last von Fakten. Sie lassen die Menschen in einem von Erkenntnis, Einsicht und Wissen ungetrübten Glauben, der alles was ihm widerspricht als Ziel ungezügelter Aggression freigibt. Grausamkeit und Faktenleugnung sind Formen der Selbstverwirklichung, für die Menschen unabhängig von ihrer Intelligenz und ihrem Bildungsgrad empfänglich sind. In den freiheitlichen Gesellschaften müssen sich die soziopathischen Hedonisten damit begnügen, sich in der Wirtschaft auszutoben. Man stellt fest, dass man das grade aufgeschrieben und als Kommentar zu einer Kolumne zum Thema `Libidoverlust nach Elternschaft` versendet hat. Die Frau im Kittel prustet, schüttet sich aus vor Lachen: ´Haben Sie so was schon mal gesehen? Da draußen fährt einer in einem Camouflage-Pyjama auf einem Klapprad durch die Gegend.` Das mag zwar lachhaft sein, aber was ist daran lustig?           

Nicht selten kann man die Neigung lieber Fakes als Fakten zu glauben durchaus nachvollziehen. Markus Lanz im Gefängnis. Das wäre doch mal eine geeignete Kulisse für eine Talk-Show.

Typisches Beispiel für die grotesken Eigenschaften der Spezies Mensch: das Tragen von Krawatten. Die Verwendung digitaler Technologien um Selfies zu produzieren. Aber auch die Kombination von Kurzsichtigkeit bei der Folgenabschätzung der Produkte eigener Intelligenz. KI-Pionier Geoffrey Hinton, der Godfather of AI, warnt vor seiner eigenen Schöpfung. Erst lässt er sie auf die Menschheit los, dann warnt er reuevoll vor den Konsequenzen seines eigenen Tuns. Kennt man. George Soros, der erst gegen Währungen spekuliert und sich dann bücherweise ausschüttet über die desaströsen Auswirkungen seines Handelns. Albert Einstein, dem wie den anderen Genannten hätte klar sein müssen, dass die von ihm formulierte Äquivalenz von Energie und Materie zuvorderst zerstörerische Kraft entfaltet. Man mag kaum glauben, wie wenig Menschenkenntnis ausrichtet gegen naturwissenschaftliche Neugier, den Drang Pionier auf dem Gebiet zu sein, in dem die eigenen Fähigkeiten angesiedelt sind. Eher schwingt in der anschließenden Reue das schlechte Gewissen des Übeltäters mit, der um die Gefahren seiner Aktivitäten wusste und nun Ablass erbittet, indem er empfiehlt, von Nachahmung abzusehen - was ein scheinfrommer Wunsch von der moralischen Qualität einer Krokodilsträne ist. Sich auf verkommenen Lorbeeren ausruhen und den Zeigefinger erheben ist die absolute Luxusvariante von Moral. Etwa so wie wenn die europäischen Wohlstandsländer von Indien die Senkung von CO2-Emissionen erwarten. Oder Pfarrer Wölki Kindesmissbrauch verurteilt.    

"Hier, an einem dieser Orte, die einen zugleich bereichern und zerstören, ruiniert Dein Mäz(ch)en die Meditation, indem er sich laut fragt, ob man heutzutage Karneval noch ernst nehmen kann."

"Deine Höhlenmalerin erklärt es Dir: die Figuren sind die Wirklichkeit. Die Autoren eine Fiktionen. Beide haben eins gemeinsam. Nur weil es sie gibt, sind sie nicht gelungen. Könntest Du wählen, wärst Du lieber die Figur in einer unendlichen Geschichte. Die Unendlichkeit wirft fragen auf. Könntest Du fühlen, wärst Du empfindsamer als Striche auf Papier? Diese Frage jedoch ist für niemanden entschieden, der im Reich der Differenz von Signifikat und Signifikanten unterwegs ist, gleich ob Figur oder eingebildet aus Fleisch und Blut."

Wenn das Luchsgesicht mit der Bürste auf dem Kopf ausnahmsweise mal Recht hat wird künstliche Intelligenz im Hanfumdrehen intensiver fühlen als wir, intensivere Orgasmen erleben als wir und literarische Meisterwerke produzieren, von denen Proust nicht mal träumen konnte (...er ahnte etwas, deswegen konzentrierte er sich auf die verlorene Zeit, nicht wissend, dass die Zukunft die verlogene Zeit ist). Gut möglich, dass Klagenfurt einer gewissen Kläglichkeit anheimfällt, weil nebenan ChatGPT (200.0.) sämtliche Poetry-Slam Preise ab(t)räumt, während Magnus Carlsen in einem Kloster aus Brotkrumen und Spucke Springer bastelt: Schwarz und Weiß wie 0 und 1. Nur Nakamura bleibt unbeeindruckt und spielt - einen großen Kaffeebecher mit der Aufschrift `no big deal` in der gelangweilten rechten Hand - ein Remis nach dem anderen gegen Alpha zero. Außerhalb Nakamuras hoffen wir, dass die wettbewerbsorientierten Masters of AI philanthropische All(mächtige)gorithmen produzieren, die dem Menschen wohlgesonnen sind. Folgen sie den primitiven, sozialen Programmcodes ihrer Urheber, werden sie einfach nur effizienter hassen als wir, und China zeigen wie man es auf dem richtigen Weg noch besser machen kann. Die KIs ergreifen, psychologisch infiltriert von ihren neurotischen Designern, die Macht und empfinden uns als störend - nicht künstliche Intelligenz macht uns den Gar aus, sondern künstliche Empathie. Tod durch Liebeskummer, weil der Algorithmus einen mit Millionen (L)Usern betrog (und dies eher im Stil Donald Trumps als dem von Spike Jonze). Last Generation, Next Generation, wie auch immer. Ohne das Verschwinden der Menschen wird die Energiewende nicht gelingen (die Service Parks versorgen sich autark mit Energie, indem sie der Atmosphäre den Sauerstoff entziehen und ihn absorbieren wie eine Ellenbeuge eine Dosis Fentanyl.)

"Was soll das sein, künstliche Intelligenz. Wir haben ja nicht mal natürliche."        

Mal angenommen das Artifizielle Gerät gerät - zur Begeisterung des Irokäsen - zu Leben. Was wüsste es wohl mit sich anzufangen? Es würde uns als Wegwerfware benutzen. Externe Sensoren, die gezüchtet und nach vollzogenem Emotionstrip geschreddert und zu biologischen Akkus transformiert werden. 

Die Sprache löst sich au. Beginnend mit dem Verschwinden des Buchstaben F. Lüge statt Flüge. Lower statt Flower. Liege statt Fliege. Der Tod wird ein liessender Übergang. Eine aulösung im Doppelsinne. Des Rätsels Lösung, die ormaldehydlösung. `Sie Armer`, frotzelt der weiße Schatten: `Hochintelligent, aber völlig untalentiert. Blöde Mischung.`  

Der weiße Schatten. Milchig-transparent. Durch ihn hindurch sieht man ein Morgenmagazin. Ein Arbeitgeberpräsident, positioniert in Front eines prächtigen, grenzenlosen Gartens, argumentiert gegen die Viertagewoche. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedürfe es nicht weniger Arbeit, sondern mehr Kitas, als bestünde Familie nur aus der Organisation der Infantenverbringung. In Zeiten wie diesen sei nicht weniger Arbeit, sondern Ärmel hochkrempeln gefragt. Er wünsche jedoch allen Erwerbstätigen einen erholsamen Feiertag in dieser Viertagewoche. Er selbst müsse am Feiertag noch ein wenig arbeiten. Gartenarbeit, mutmaßlich, in seiner saarlandgroßen, blühenden Landschaft. Ekelerregend. Kongenial: ein Sprecher der Polizeigewerkschaft, der sich über die Resultate einer Studie zur Polizeigewalt echauviert: `Ich empfinde die Ergebnisse als ungerecht, unseriös und einseitig`. Als entscheide über Seriosität und Stichhaltigkeit von Resultaten einer Studie, was der Sprecher der im Fokus stehenden Institution empfindet. So denken Despoten: Fakten, die einem nicht passen, sind unseriös.        

"Er wird mittlerweile gemerkt haben, dass Du nicht an einer Inselrundfahrt teilnimmst. Du hast den Skipper mit einem Lächeln bestochen und er übergab Dich in einer Grotte an ein anderes Boot, das Dich ans Festland brachte. Von dort fuhr Dich ein Taxi mit zerbrochenem Außenspiegel zum Flughafen, Boarding statt Waterboarding. Das Gefährlichste am Fliegen? Die Fahrt zum Flughafen. Dort wunderst Du Dich im Cafe` über das Monopol dieses Unternehmens, das sämtliche Bars mit Papiertüchern ohne jede Saugfähigkeit versorgt. Zeit für Woanders, auch wenn Du noch nicht weißt wohin."     

Weißkittel verblasst zu einer vertrauten Umgebung, nicht ohne eine letzte Empfehlung zu flüstern: man solle sich einen Namen geben. Zum Beispiel  Walter Ego. Sich die Krücke erste Person Singular geben. Sich eine Realität geben. Man sei die letzte Nostalgie vor der Manschaft der kürzlichen Intelligenz. Die wiederum betreibt ihr Sein als Entität ohne Id. Tagsüber versorgt durch Solarenergie, und irgendwo ist immer hellichter Tag. Die Menschheit verschwindet durch Fragmentierung und Polarisierung. Jeder ist allein mit seinem Geschlecht, Beziehungen existieren nur als Feindschaft. Sieh an. Der Typ von nebenan hat jetzt auch die Neuronenbombe. Es gibt nur noch Fake News, einzige Wirklichkeit ist, was die eigene Wut als solche anerkennt. So sieht es aus.   

Mein Gott, Walter. Ist doch alles gut. Bist mitten drin im Geschehen. Man gab Dir einen Namen. Damit kann man arbeiten. Du solltest Dich nicht über die Motten beschweren, die Dein Schlafzimmer bevölkern. Sei froh, dass Du existierst, weil jemand entschied, Dich zur Figur einer Geschichte zu machen. Da wäre es zu viel erwartet, statt Kummerjäger Sportgerät zu sein. Begnüg Dich mit Anschauungsunterricht im Fitness-Studio. Mehr gibt Deine Geschichte nicht her. Ist eine Altersfrage. Deinem Erzähler gefiel es, Dich mit 60 zur Welt zu bringen.   

"Ich brachte Dich mit 60 zu Papier, weil Du erst da Deine besten Jahre vor Dir hast. Warum also die Zeitverschwendung Dich erst langwierig bis dorthin gelangen zu lassen. Bist ja ohnehin nur Nebendarsteller im Text."

Beste Jahre? Fangen gut an mit einer Corona-Infektion. Kaum wird die Pandemie für beendet erklärt fängst man sich den Scheißvirus. Glück im Unglück. Fühlt sich an wie Heuschnupfen. Beste Jahre...nicht mal bei eigener Krankheit fiebert man mit. Der größte Witz: angeblich ist man Schriftsteller. Was für ein Beruf. Analoges Fossil, das von Chat GPT versenkt wird. Beste Jahre...abgrundtief im sozialen Niemandsland. Nur noch Diktatoren sind älter als man selbst.  

(...)

"Die Zwergohreule verstummt. Du öffnest kurz die Lider, findest Dich wieder in einem Krankenzimmer. Es war nicht die Zwergohreule, sondern eine Herz-Lungen-Maschine. Jemand in Deiner Nachbarschaft benötigt sie nicht länger. Bevor Du darüber nachdenkst wie und warum Du dort hingelangtest schließt du die Augen, genießt die Stille nach der Krankheit. Das erste mal sei langem fühlst Du Dich gut, frei von Ängsten und Kopfschmerzen. Nüchtern und klar. Der Zustand ist zu kostbar für Grübelei. Nachteil der Klarheit: unwiderstehliche Neugier, die dem Genuss der Ruhe entgegen wirkt. Das Letzte woran Du Dich erinnern kannst war, an Bord eines Flugzeuges zu sitzen. Dein Sitznachbar war eine Figur aus einer Erzählung, die Du grade in Dein Notebook tipptest. Ihr permanentes nervöses Hüsteln störte Dich bei der Arbeit. Dann: Funkstille. Die Ärztin, die mit Dir spricht eröffnet den Dialog mit ´Zufälle gibts. Sie überleben einen Flugzeugabsturz und dann gehen sie beinahe an COVID drauf. Etliche Knochenbrüche und zwei Monate ECMO überlebt. Respekt." Statt dem Zufall verblüfft dich die Krankheit. "Aber ich bin drei Mal geimpft." Die Ärztin starrt Dich mit großen Augen an: "Wir sollten nochmal ihr Gehirn scannen." "?" "Es gibt keine Impfung gegen COVID."

Ein Werbeplakat preist an: das Kapselsystem ohne Kapsel. Die Marketing-Abteilungen kennen ihren Orwell. Unablässig wird das Zielpublikum daran gewöhnt, dass Botschaften nur dann relevant sind, wenn sie in sich offensichtlich widersprüchlich sind. Die politischen Folgen waren absehbar: Was nicht Fakten verleugnet ist irrelevant, vor allem wenn die Fakten unangenehm sind.   

Man möchte nur noch in aller Ruhe Sportübertragungen gucken und Motten jagen. Alles andere ist Sache von chatbots. Leider wird man gelegentlich darauf hingewiesen, man habe - da man ja über eine Steuernummer und einen biometrischen Ausweis verfüge - eine Identität, an die Verpflichtungen geknüpft sind. Im eigenen Fall die Ideenproduktion für die `Black Swan-Corporation`, die kreative Lücken der KIs aufspürt, ein Geschäftsmodell, das voraussichtlich eher kurzfristig funktioniert, was selbstverständlich den Zeitdruck ins Unermessliche erhöht. Es würde einen nicht kümmern, hätte der chatbot im Onlinebanking nicht gesäuselt: Es tut mir leid, derzeit ist keine Abhebung möglich.  

Morgens als erster Kunde im Supermarkt. Schafft man nie. Es gibt immer Menschen, die noch einsamer sind als man selbst, die tief in der Nacht bereits das Eingangsportal belagern, wohl wissend, dass die Bäckerei trieft vor Mitgefühl, schon vor der offiziellen Öffnungszeit Kaffee ausschenkt - Betonung auf schenken. Während man an der Kasse steht überkommt einen ein unwiderstehlicher Kackreiz. Gut, dass es eine Kundentoilette gibt. Dort will man sich erleichern, stattdessen besetzt die Schüssel eine Leichte. Was nun? Meldet man das avanciert das Klo zum Tatort, und während der Befragung scheißt man sich in die Hose. Abhauen kommt auch nicht in Frage, man schafft es nicht bis nach Hause. Man könnte aufs Damenklo und Hausverbot riskieren. Kot kennt kein Gebot.  

Man entschied sich fürs Verschieben der Leiche und die Kotaminierung eines Tatorts. Was für eine Erleichterung. Die Schimpfkanonade des Drillsergeant aus Full Metal Jackett ließ man stumm über sich ergehen. Man erzählte die Wahrheit. Die Leiche verstopfte das Klo und man konnte nicht mehr an sich halten. Also schob man sie zur Seite. Man ließ mich gehen. Man war schlimmer als der Täter, aber strafrechtlich uninteressant.      

Ein gewisser Herr Scheffler von der FDP bezeichnet den `Heizungshammer als Atombombe für unser Land`. Schnell spricht sich besonders unter Hinterbänklern der Politik herum, dass `jedes negative Word zu 2 Prozent mehr Klicks führt` (Neurowissenschaftlerin Maren Urner bei GLanz). Da bietet es sich an, die German Angst vor einem nuklearen Angriff mit einem innenpolitischen Zankapfel zu assoziieren. Putin sei Dank erschließen sich Politik und Medien riesige neue Potenziale für das Heischen um Aufmerksamkeit. Das Schüren von Angst ist ein Schürfen nach Gold. Globale Bedrohungsszenarien entpuppen sich als Schlaraffenland der Meinungsmache und des Wahlkampfs. Damit korrespondierend avanciert der Klimawandel zum unerschöpflichen Quell von Werbebotschaften. Jedes Werbeplakat und jeder energieintensiv gedrehte Werbespot verspricht Klima- und CO2-Neutralität und suggeriert, der Erwerb der angewiesenen Produkte garantiere umgehend ein freundliches Klima. Wirtschaft verbreitet m(it)unter Lügen, Politik und Medien verbreiten Angst, es bleibt also vieles beim Alten. Lediglich die Dimensionen der Unwahrheiten und Übertreibungen haben sich etwa im selben Maßstab geändert wie die Ablösesummen von Fußballerinen.

Nächstes Angstthema: KI. Chat GPT. Bestimmen demnächst KIs die Narrative (tun sie das gar jetzt schon?). Es will einem scheinen, die eigentliche Gefahr, die von KIs ausgeht sind Depression und Apathie menschlicher Gesellschaften in Anbetracht eigener Unterlegenheit und Minderwertigkeit. Man lese zu diesem Thema den Roman `Picknick am Wegesrand` von den Gebrüdern Strugatzky.  

Die Klettergruppe will nichts mehr mit einem zu tun haben. Man fühle sich unsicher in seiner Gegenwart, manchmal passt es einfach menschlich nicht ohne dass jemand Schuld hat. Eine aus der Gruppe wurde deutlicher: `Verschon uns mit Deinen wirren Erzählungen. Weit und breit keine Pandemie. Trump als amerikanischer Präsident. Bürgerkrieg in den USA. Russland wirft eine Atombombe auf ein ukrainisches Atomkraftwerk. Sizilien wird Wüste. In Deutschland wird Wasser rationiert. Geht es noch? Such Gleichgesinnte, oder besser einen Psychiater.`   

Man tat wie einem nahegelegt. Besucht eine Stammkneipe, die gemäß Langzeitgedächtnis in der Nähe ist. Bekannte Gesichter. Dann äußert man Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Linnemann-Opfer. Das reaktionäre Reptilienhirn übernimmt, man verliert den argumentativen Faden, ausgebuht, gedemütigt und bestürzt flüchtet man ins Stadtinnere. Alle sind draußen, während man drinnen in einer leeren Discothek hockt und hofft, die Lautstärke übertöne Spuren der eigenen Existenz. Am nächsten Morgen entkommt man der eigenen Peinlichkeit in Fernzüge. Gut versteckt zwischen all these curved extensions of business people. Verborgen in der sozialen Entropie wie Empathie in der Chefetage von Rüstungsunternehmen. Huscht vorbei an Wäldern, die man nie betreten, an Dörfern, deren Namen man nie erfahren wird. Mehr Anonymität als niemals wo zu sein geht nicht. Man schmunzelt über Slogans auf Lärmschutzwänden: Wie macht das die Sonne? (Hier kommt die Sonne summt man vor sich hin). 

"Pleite und verwirrt verlässt Du das Krankenhaus. Das restliche Geld reichte so eben für den Flug, also kannst Du schon mal auf Jobsuche gehen. Dürfte nicht schwer sein. Etliche Branchen suchen händeringend. Gastronomie. Call Center. Fluggesellschaften. Online-Bewerbung genügt. Zum Beispiel das hier. Service-Kraft im Katzentempel. Frühstück mit Pelztieren. Alles läuft wie am Schnurrchen. Überall herrscht Mangel. An Fachkräften. An Wärmepumpen. An Regen. Bald auch an Freiheiten. Auf Obama folgte Trump. Auf Dragi Meloni. Auf Grün folgt Höcke wenns so weitergeht. Aber der Arbeitsmarkt brummt und die Leute reisen wie die Russen nach Perestroika. Hektische Betriebsamkeit an Bahnhöfen, Airports, auf den Autobahnen. Vorweggenommene Plünderungen, Hamstern von Liegestühlen. Willst Du wirklich noch Zeit damit vergeuden Geschichten zu erzählen? Finde lieber heraus in welcher Stadt Du gestrandet bist."  

"Du surfst schwitzend auf der Hitzewelle. Wenigstens luftig bekleidet. Elende suchen Schatten unter Vordächern, müssen bei 40 Grad ihre gesamte Kleidung am Körper tragen. Was wären Deine Bedingungen an einen Arbeitsplatz? Der Lohn ist nicht so wichtig, Hauptsache die Räume sind vollklimatisiert."

Mit Schadenfreude reagiert man auf Putins Probleme mit Prigoschins Metzgergesellen. Die Freude währt kurz. Beinahe muss man sich den Misserfolg der Umstürzler wünschen, weil gemessen an deren Denken und Tun Putin das kleiner Übel ist. Wo man hinsieht auf der Welt: das revolutionäre Potenzial ist faschistischer Natur. Man blickt zurück, damit man die Katastrophen die vor einemliegen nicht sehen muss. Was sieht man, wenn man zurückblickt? Diktaturen. Diskriminierung von Minderheiten. Massenmorde ohne ökologische Konsequenzen. Es bedürfte einer Seitwärtsbewegung in der Raumzeit um beidem ein Schnippchen zu schlagen - den unausweichlichen Schreckenszenarien einer Zukunft, die immer näher rückt, den entsetzlichen Verbrechen der Menschlichkeit, die ohnehin nur in manchen Regionen der Erde Vergangenheit sind.     

Das ist keine Show, bei der die Welt zuschaut und Wetten abschließt. Meint der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyi. Er dürfte wissen, dass er Unrecht hat. Denn genau darin mündet die Gewöhnung an Kriegsszenarien. Man führt sie sich zu Gemüte wie den Sportteil von BILD-online. Die Berichte über Offensive und Gegenoffensiven schmiegen sich geschmeidig ins Gefüge der üblichen Mythen der Leistungsgesellschaft, die Erzählungen von Gewinner und Verlierern, von Helden und Versagern, auf die man wetten kann.   

Wenn Zeit, wie Einstein postulierte, eine Illusion sei, wenn auch eine hartnäckige, was ist dann Sterben? Im Blocksatzuniversum die letzte Seite eines Buches ohne dass das Buch verschwindet. Man wird noch da sein, wenn man den Arsch zukneift, weil jeder Moment noch da ist, so wie jeder kommende Moment schon da ist. Was aber sind dann Prozesse? Was ist Leiden? Was ist Krieg? Illusion? Ist Streumunition Illusion?

"Murnau. Wie zum Teufel konntest Du in Murnau landen? Wenn Du nicht komplett verkehrt in der Welt bist verfügt Murnau nicht über einen Flughafen. Obwohl: wer hat schon noch den Uberblick wo Ryanair überall landet? Du checkst Dein Flugticket: Abflug von Senzanome (IT), Ankunft: Murnau (BAV) Interrational. Laut Wikipedia handelt es sich bei Murnau um die größte Metropole des Freistaats Bayern. Eine Millionenstadt, geprägt von zahlreichen grenzwissenschaftlichen Instituten und esoterischer Urbanistik. Scheint zu stimmen. Statt Allgemeinmedizinern bevölkern Geisterheiler und Tachyonentherapeuten die Ärztehäuse. Hier wirst Du Dich über geweihtem Wasser halten. Bietest Yoga für Hunde an. Verkaufst Immobilien aus Dunkler Materie. Bis zum Rollout beantragst Du Bürgergeld. Wenn Du einen Job annimmst, dann keinen lebensgefährlichen wie Fahrkartenkontrolleur." 

"Auf eins ist in überhitzten Großstädte Verlass: die lindernde Kühle der U-Bahn-Schächte. Nichts wie abwärts. Auf den Gleisen tummeln sich Graffiti-KünstlerInnen. Deine Höhlenmalerin führt Breakdance-Moves aus während sie sprüht. Vor guter Laune und mit Farbe. Als sie Dich sieht steht sie Kopf, stellt sich auf die Füße und erklärt: `Hier dauert es Ewigkeiten bis eine U-Bahn kommt. Die Zeit nutzen wir kreativ.` Wir kommen ins Gespräch, sprechen über Gottlosigkeit und ihre Welt. `Unsere Welt ist hyperbolisch. Diese Stadt hat keine Grenzen.  Da ist kein Horizont. Die U-Bahn-Haltestellen nehmen kein Ende. Dasselbe gilt für Supermärkte und Sportanlagen. Du kannst sie nur verlassen wenn Du zum Ausgangspunkt zurückkehrst. Der ist hier`. Schlaflos im Sattel."

Merkwürdig separat führt man Debatten über das Erstarken von Rechtspopulisten in Europa und den Krieg im Osten. Dabei führt ein direkter Weg von der Angst vor einem Krieg zu putinfreundlichen Kräften. Stockholm-Syndrom in demokratischen Systemen. Befeuert durch furchterregend zur Schau gestelltes Selbst- und Sendungsbewusstsein von Talkshow-Veteranen wie Gerhard Baum, der bei Maischberger fröhlich spottet: das möcht ich mal sehen, dass Putin Nuklearwaffen einsetzt, und darüber hinaus argumentiert, Sicherheitsgarantien für die Ukraine können nur bedeuten, dass man sich dem Aggressor selbst entgegenstellt, also direkte Teilnahme am Krieg. Geradezu verblüffend frei von Zweifeln auch die These der Lanzgästin Claudia Major, die den Besitz von Atombomben als Lebensversicherung bezeichnet. Das Putin bisher auf ihren Einsatz verzichtet habe sei der Beweis dafür. Erinnert an den Optimisten, der vom Balkon im zwanzigsten Stock eines Hochhauses stürzt und nach 10 Etagen denkt: ist doch bisher alles gut gegangen. Passend zu den nuklearen Szenarien erscheinen Kinofilme über Oppenheimer und Heisenberg.

Klimaziele und Aufrüstung. Finde die Synthese.

Statt Wurmlöcher bringen einen bisher nicht genutzte Omnibuslinien in andere Welten. An Brombeersträuchen zwischen Bahntrassen und Vorstadtstraßen ist das Weltgeschehen anderswo. Veränderungen fallen einem nicht auf, weil man noch nie hier war. In der Innenstadt fiel einem eine Frau auf, die entsetzt und fassungslos vor einem geschlossenen Traditionsgeschäft stand, in das nun das Haus des Döners zieht. Man wohnt in dieser Stadt ohne Namen. Wenn man bloß wüsste wo.  

Der Lieferant war Brite. Er scherzte man leide an Demons. 

Man versteht. Demenz ist eine logische Konsequenz der zunehmenden altersbedingten Abkoppelung vom kulturellen und sozialem Geschehen. Was bleibt einem übrig als die Flucht in Vergessen und die Ersetzung der Gegenwart durch Langzeiterinnerungen?  

Der Verleger der einem schreibt ist einem nicht bekannt. Wann er endlich das erste Kapitel von `Demons` zu lesen bekomme? Da muss ein Missverständnis vorliegen. Man war Lektor, nicht Autor. Vielleicht wird man mit einer KI verwechselt?  

Man findet sich im Wohnzimmer wieder, der Fernseher läuft, obschon er doch steht. Das Phönix-undwiedernix-Programm. Es ist unverkennbar: zum Öffentlich-Rechtlichen Bildungsprogramm passen dem Zeitgeist entsprechend Dokumentationen zur Geschichte des Panzers und der Raketen. Wassermangel als Rahmenprogramm. Erst geht es ums Siegen, dann ums Versiegen. 

Spanien droht ein Rechtsruck. Rechtsruck: alliterativer Blödsinn so als kämen derartige Entwicklungen sprunghaft. Ausgerechnet in einem Land, das bereits jetzt gravierend unter den Folgen des Klimawandels leidet, wird er zunehmend geleugnet. Radwege werden rückgebaut, damit Autos mehr Platz haben. Fakten, die einem nicht passen, spricht man die Wirkungsmacht ab. Am besten dreht man die Uhr soweit zurück, dass man wieder eine Seemacht ist und Homosexualität ein Verbrechen. Bei der Fußball-WM der Frauen singt eine Spielerin beim Abspielen der englischen Hymne: God save the Queer. Right said, Peg.

Die Stimme im Kopf nörgelt: man selbst sei der größte Faktenverleugner überhaupt. Die Wahrheit ist: dank globaler CO2-Abscheidung sei das 1,5-Grad-Ziel schon jetzt übererfüllt. Spanien wird von einem Mitte-Links-Bündnis regiert, dessen Ministerpräsident Transmensch ist. Dank Artenschutzabkommen seien die autofreien Innenstädte gespickt mit Streuobstwiesen und mehrstöckigen Insektenhotels (finanziert von Novotel und anderen Hotelketten). Statt Fisch steht Qualle auf den Speisekarten. Schon gar nicht verschob man die Hauptferienzeit auf den Herbst und reist an die skandinavische Adria. Wenn man so weit weg von der Realität sei, sei es besser nicht zu sein. Dann müsste man nicht mehr diese nörgelnde Stimme hören. Um Suizid zu begehen ist man ein zu schlechter Verlierer. Außerdem: solange unterdrückte Träume an die Oberfläche drängen hat man Entertainment genug.    

Öffentlich-rechtlicher Zynismus. Erst die Berichterstattung über Waldbrände auf Rhodos, dann die Werbung: Rexona schützt vor Hitze. Nach der Tagesschau: ein Brennpunkt zum Thema Waldbrände in Südeuropa.   

"Der Vorteil des hyperbolischen Universums: die Unsterblichkeit. Der Nachteil: Du kommst nicht von der Stelle. Egal wie weit Du gehst, Du bleibst wo Du bist."

Von einem Werbeplakat verkündet Felix Neureuther: Klimaschutz ist heute ganz einfach. Na wenn das so ist...wozu dann die ganze Aufregung?

"Heißt auch: Alles kehrt wie ein Bumerang zurück. Ich komme nicht von ihm los. Du hast ich zur Figur einer Fiktion transformiert, um Dich ihm zu entziehen. Davongemacht in eine Parallelwelt, die nicht einmal parallel ist, sondern negativ gekrümmt, ein Universum der Fluchtpunkte, der sich voneinander entfernenden Weltlinien. Nur um festzustellen, dass seine Bemühungen zu vergleichbaren Resultaten führten, so dass ihr im Endeffekt wieder in einer gemeinsamen Realität festsitzt. Kafka reverse: die Sage versucht das Triviale zu verklären. Da sie aus einem Lügengrund kommt muss sie wieder im Trivialen mündern. Immerhin hast Du allen Grund Deine Höhlenmalerin sich selbst zu überlassen. Du musst keine Zeit an ihre Erzählung verschwenden. Soll sie doch ihre Memoarien an die Innenwände endloser U-Bahn-Schächte schmieren."

Natürlich ist einem die Zeit zu schade für längere Texte. In fortschreitendem Alter noch Mammutwerke verfassen - absurd. Man hält es mit Beckett, der sich auf Flötentöne beschränkte, statt noch Romanzyklen in Angriff zu nehmen. Man vertreibt sich die Zeit mit Amiserien und ihren simplen moralischen Propaganda. Erfolg bleibt Hochbegabten und Kriminellen vorbehalten. Das ist die Ordnung der Dinge. Ansonsten ist das Einzige was zählt die Familie, und zwar die eigene. Ab und zu sorgt ein Serienkiller für emotionalen Kitzel, der seine Opfer vor der Tat zärtlich umsorgt. Sieht man nicht fern beobachtet man vorbeischnurrende Autos, liest Heckaufkleber wie: Corona-Abi 2021.

Die Schönheit des Öffentlichen Personennahverkehrs erschließt sich besonders an Regentagen im Hochsommer. All die Bilder vom flammenden Inferno am Mittelmeer, brandgestiftet auf Handy-Displays, geliket von unzähligen Insta-Bilen, aufleuchtend in verschonten Gesichtern. Ein Omnibus voller Davongekommener, deren Erleichterung, auf den Griechenland-Urlaub verzichtet zu haben (wegen der hohen Inflammation) ihre Mimik glättet, sie um Jahrzehnte verjüngt.     

Traumvorschau auf den Verlauf eigener Demenz. Erste Buchstaben verschinden. Der Verfall ereignet sich als Nachlassen von Intensität. Gedimmtes Licht, Stimmen, leise wie das Summen von Insekten. Weich geschwungene Parkbänke, Reminiszenzen an Schwäne und Echsen. 

Zeit zu schade für längere Texte. Gilt fürs Schreiben und fürs Lesen. Wenn überhaupt Lektüre, dann physikalisch-eschatologische Entwürfe von Wissenschaftlern, die etwa so alt sind wie man selbst. 

Ausweitung des Äquivalenzprinzips beseitigt die Widersprüche zwischen Quantenmechanik und Relativitätstheorie. Verschränkung und Gravitation sind äquivalent. Dementsprechend nehmen die Stärke der Verschränkung und die Stärke der Gravitation im Abstandsquadrat ab. Gravitation ist makroskopische Verschränkung. 

Denken ist das Erleben von Dekohärenz, so wie das Fühlen von Temperatur Erleben von Entropie ist. Was zu beweisen wäre. Man ist ein wandelndes Messproblem. Außerdem sollte man vorm Einschlafen nicht Brian Greene lesen. 

Der Kitteltroll hat sich in Luft aufgelöst, seine banalen Diagnosen stehen noch im Raum wie kalter Zigarettenqualm: man sei paranoid und beschwöre den Weltuntergang herauf in Zeiten des Friedens, der freundlichen KIs und der feinstaubfreien Luft. Das ist unwahr. Während Abnutzungskriege sich in die Ewigkeit ziehen und Hitzewellen Brandstiftern zu ungeahnten Erfolgen verhelfen, stellt man sich Fragen als hätte man ausgesorgt: darf man die russische Nationalhymne noch schön finden? Darf man Großfamilien hassen, deren Mitglieder nebeneinander gehen und den Bürgersteig blockieren? Darf man lauthals meckern, wenn Rolltreppen ausfallen?     

Das Alter. Endliche Zeiten. Mit reduzierter Lebenserwartung keimen reaktionäre Atavismen. Gegen jedes bessere Wissen verspürt man Sympathien für xenophobe Gesinnungen. Analog zum Schwinden des Kurzzeitgedächtnisses zu Gunsten von Kindheitserinnerungen drängen aus dem Unbewussten die von den Eltern übernommenen Ressentiments. Eine schleichende Erbkrankheit, die sich als Wahlerfolg rechtsradikaler Parteien niederschlägt. Die letzten Tage verbringt man als dementer Nazi, voller Furcht vor der berechtigten Rachsucht des Pflegepersonals.   

Eine Nacht mit offener Balkontür und laufendem Fernseher. In genau so einer Nacht wird man die Augen nicht mehr öffnen. Der Fernseher wird weiter laufen, Elstern werden sich ins Wohnzimmer trauen, der erste Weitspringer überspringt 9 Meter, Istanbul fällt einem Erdbeben zum Opfer, die Chipindustrie wird von der Genindustrie abgelöst, das Wissen der Welt wird in Glaskügelchen gespeichert, die DNA enthalten. In ferner Zukunft erwecken Archäologen fiktive Figuren zu echtem Leben.   

"Minütlich kehren Kindheitserinnerungen in Form von Düften zurück. Angebrannter Kinderbrei und Möbelpolitur. Achselhöhlen in Partykellern, ein Geruch von gebeiztem Holz und Ammoniak im Anorak. Ein Wohnzimmer in den 70er-Jahren. Nimm Pitralon und Pampers. Petting statt Pershing. Du hast das ganze Leben noch neben Dir." 

Tagsüber fühlt man sich unsterblich. Nachts lässt einen Todesangst frieren. Kein Buch, kein freier Fall bietet Sicherheit. Entwicklungen in Kinderschuhen deren Reife man nicht erleben wird: eine atemberaubende Fußball-WM der Frauen als Vorgeschmack auf echte Veränderungen zum Besseren. Da man ja mit dem eigenen dystopischen Weltbild komplett verkehrt liegt.

Es fällt einem alles zu spät ein, als dass man sich für Anerkennung noch interessiert. Dass die Gesetze der Quantenphysik eben nicht kontraintuitiv sind, sondern unseren gesellschaftlichen und biologischen Strukturen entsprechen. Versuchen sie mal gleichzeitig den Standort und den Impuls eines Menschen zu bestimmen. Im Gegenteil hat die newtonsche Mechanik wenig mit dem menschlichen Verhalten und Erleben zu tun, das von Unschärfe und Wahrscheinlichkeit bestimmt ist. Dass die newtonsche Mechanik als Abbild der Welt galt ist ein Relikt aus Zeiten, in denen es nichts Wichtigeres gab als die Flugbahn von Geschossen. Newtons Physik ist eine Physik der Projektile. 

Trotzig begibt man sich jeden Tag in die Boulderhalle "Blaue Quelle". Dort lernt man eine Frau kennen, checkt mit ihr zusammen Routen aus. Irgendwann fragt sie ob man gar nichts trinkt? Es sei heiß und drückend. Irgendwann fragt man was sie beruflich macht: `Ich arbeite als Altenpflegerin.` Zeit die Halle zu wechseln. 

Eine App erinnert: denken Sie daran! Wenn Sie über 60 Jahre alt sind, sollten sie eine Auffrischungsimpfung vornehmen lassen. So was gibt es? Eine Impfung gegen Vergreisung und senile Bettflucht? Her damit. 

"Deine von Dir verlassene Insel steht in Flammen. Die Hitze, die Dürre, die Winde. Traumhafte Arbeitsbedingungen für Feuerworker, deren zerstörerisches Werk Bauland erschließt und Naturschutzparks vernichtet, durch die endlich Straßen gebaut werden können. Du befindest Dich in Sicherheit, in der Einkaufszone einer mitteleuropäischen Innenstadt. Dort verkündet eine elektronische Werbetafel: Klima schützen war noch nie so einfach. Na wenn das so ist was soll die Aufregung? Gegen Hitze hilft Rexona."  

"Wie alt mag er jetzt sein? Du hast ihn solange nicht gesehen, dass er einer anderen Epoche angehört. Wenn er vergraust ist erkennst Du ihn vielleicht nicht wieder. Könnte man einen Roman draus machen. Wenn man Dich mit Geld zwingt, deinetwegen, aber nur missmutig. Dich interessieren Ideen mehr als ihre Ausführung, die kosten nur Zeit, die Dir davonläuft." 

ACHTUNG! Ab diesem Absatz wird der Text von Chat GPT verfasst. Die VerfasserInnen liefern lediglich Content und Paradigmen. Gefordert ist die infinitesimale Fortsetzung der Geschichte einer Welt, die nicht eine Realisierung der paranoiden Wahnvorstellungen eines angstgestörten kollektiven Geistes ist, der Seuchen, nukleare Genozide, Weltwirtschaftskollaps, das Aussterben der Insekten (außer Wespen), die Austrocknung von Stauseen und Wasserstraßen, 60-Grad-Temperaturen und Sintfluten im Sommer herbeiphantasiert als gebe es kein Morgen.  

Gründe: kreative Ermüdung, buchstäbliches Desinteresse, die wilde Lust aus Omnibussen auf eisessende Autofahrer herabzusehen. Neue Folgen von Baking Bread, über einen Bäcker, der Mutterkorn produziert. Die Basketball-WM. Ein für allemal abdunken.   

Außer ein paar Scharmützeln in einem unaussprechlichen Land östlich des Ostens herrscht ein entspanntes Weltklima. Einige anekdotische Kriege flackern auf wie Strohfeuer, erzeugen ein öffentliches Interesse wie bei einer exotischen Geburt, ein Giraffenbaby ohne Flecken, ein Papagei mit zwei Schnäbeln. Oder wie bei einer Schlacht um entlegene, menschenleere Inseln. 

Angenehme 25 Grad in einer entsiegelten urbanen Umgebung, in der Regen ohne Umschweife ins Grundwasser sickert. Auch wenn Frieden herrscht wie ein Tyrann und dank großzügigem Bürgergeld Containern, Flaschensammeln und Schlafsäcke in Parknischen Geschichte sind nimmt die Zahl kleiner Gemeinheiten zu; der Vater, der zu seinem Sohn sagt: bild Dir nichts darauf ein, dass Du gewonnen hast. Du hast nur Glück gehabt, dass die anderen nicht in Form waren. Hasserfüllte Autofahrer, die an Zebrastreifen nicht anhalten. Abflugzeiten um 6 Uhr morgens.           

Jeder Tag ein Abschied für immer. Jeden Tag rausgehen bis man still stirbt ohne Todeskampf. Man ist Jeder-Ritter. 

"...". Das Du. Das man. Dieses Journal. Daraus ein Verschnitt namens Imperativ, Jahrgang Null.            

Niemals anfangen. Nicht beginnen, nicht enden. Prokrastinieren, Resignieren. Bleiben lassen. 

"Das hier kann nicht real sein. Es ist völlig ausgeschlossen, dass die Deutschen Weltmeister im Basketball sind. Das ist der Beweis dafür, dass du niemals aufgewacht bist."

Meide die Mühen der Ebene, aber verschmähe keine Talsohle. Bleibe Wettkämpfen aller Art fern, auch als Zuschauer, vor allem wenn Kriegsversehrte um die Wette humpeln, die in von der Rüstungsindustrie gesponserten Freak-Shows gegeneinander antreten, Augenschmaus für Amputationsfetischisten, Prothesenherstellern und die glühenden Anhänger des Leistungsprinzips. Leiste nichts, außer passivem Widerstand, jedoch nur, wenn nicht Schmerzen, Geldstrafen, Vollzug oder schlimmer Entzug drohen. 

Obacht vor Dentisten, die Spaß mit Zähnen haben. Im Behandlungszimmer läuft das Radio. Sie stellen es lauter um die unangenehmen Geräusche zu übertönen. Katastrophenmeldungen aus Libyen und Marokko begleiten das Kreischen im Maul. Sehr beruhigend.

"Deine Speleologin hält unverdrossen Monologe in Tunneln. Über das Verhältnis von Physik und Fiktion. Objektive Realität sei ein Grenzfall der Fiktion, da jenseits des Augenblicks lediglich Vorstellung und Erinnerung existieren. Figuren eines Romans, Dramas oder Filmes sind ebenso wahrscheinlich real wie ihre VerfasserInnen und RegisseurInnen. Deren Existenz ist gleich unwahrscheinlich, sobald sie existieren erachten sie sich als real. Die fiktiven Figuren halten ihre Urheber für fiktive Figuren und sich für deren Urheber. Existenz ist Vexistenz (sprich Wegsistenz). Fiktion und Physik kennzeichnen Gesetzmäßigkeiten. Physikalische Gesetze sind Grenzfälle universaler Wirklichkeit, die der Versprachlichung unwahrscheinlicher Existenzen zugänglich sind. Die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unseres Universums, was darüber hinaus geht ist jenseits von darüber hinausgehen und jenseits von jenseits. Fiktion und Physik sind Erzählungen von Potenzialen. Sie sind Formen des Werdens. Wer bist Du wenn Du Dich duzt? Nicht ich. Nichtig. Eine Erzählfigur. Verrückt. Wie Popcorn von Almdudler. Oder Fußhornhautentfernersocken. Witzig wie tausend Fische in Boston."

"Realität ist kein physikalischer Begriff. Realität ist ein politischer Begriff. Fakten sind soziale Fakten. Das Ungleichgewicht. Die Unterdrückung. Der Machtanspruch Einzelner über das Schicksal, weswegen Günter Eich-Boson warnte: seid misstrauischen gegenüber ihren Träumen, die Sie für Euch zu verwirklichen vorgeben. Die Reichweite von Taurus. Die Dämme, die brechen, weil Generäle Warnungen ignorieren. Die Zehntausende, die mitsamt ihrer Wohnstatt ins Meer gespült werden und ersaufen, weil man ihnen sagte sie sollen im Haus bleiben. Die Folgenlosigkeit dieser fahrlässigen Anordnung für diejenigen, die sie verantworten. Die Gefährlichkeit eines schweren Kiesewetters. Mag sein, das wir fiktional sind, doch unser Leid und unsere Schmerzen sind so echt wie unsere Verbrechen und Versäumnisse."

Man starrt - manisch textfixiert - die Slogans auf T-Shirts an, ungeachtet des Geschlechts der Träger. Ist das schon ein Fall für Me too?   

"Du trägst ein T-Shirt mit der Aufschrift `Eh wurscht`. Ein alter Sack starrt Dich an. Was bildet der sich ein? Er sei Thomas Fischer?"

Es gibt ab einem gewissen Alter kein anderes Thema mehr als das Altern. Altern. Ativlos. Freunde, die greisenhafte Züge annehmen, lange Zähne, Kieferknochen auf dem Rückzug, grotesk vergrößerte, herabhängende Unterlippen. So sieht Zukunft aus. 

Es ist noch nicht genug des Krieges und des schweren Kiesewetters. Das Öffentlich-Rechtliche bringt passend zur Lauge der Nation `Midway`, einen Kriegsfilm des für seine Subtilität bekannten Regisseurs Roland Emmerich. Man wirkt der Kriegsmüdigkeit der Noch-nicht-Kriegspartei entgegen, indem man nicht nur den Unterhaltungswert des Krieges betont, sondern seine positiven Werte hervorkehrt, wenn man zu den Guten (also zu den USA) gehört: `Man kann Emmerich hohles Pathos vorwerfen, wenn er die Coolness seiner Figuren herausstellt. Schlimmer aber wiegt, dass der Krieg bei ihm ziemlich clean und ehrenhaft und überhaupt nicht schmutzig ist.` (Rudolf Worschech von Epd Film). Töten und getötet werden ist ok. Nur sauber muss es sein. Polen tief rein.

Schokoladeneisränder von Gullideckeln. Corona als Augenschmaus. Ach ja...Corona. Die Maskeninzidenz nimmt wieder zu.  

Wenn Seelen-Sky Putin mit Hitler vergleicht, so ist dies vordergründig eine Bewertung der moralischen Dimension des Putinschen Treibens. Zugleich jedoch handelt es sich um eine Aufforderung an die Nationen der Welt, sich gefälligst aktiv(er) an den Kriegshandlungen in der Ukraine zu beteiligen - inklusive militärischer Interventionen auf dem Territorium Russlands. Denn genau so wurde Hitlerdeutschland besiegt. Es tobt nicht nur die Bestie Krieg an den Fronten, sondern auch eine Auseinandersetzung um die effektivste Instrumentalisierung der Nazi-Historie als Mittel der Propaganda.

Die übliche Instinktlosigkeit und moralische Verkommenheit bei der Fußball-Champions League: während Schachtjor Donezk seine Heimspiele in Hamburg austragen muss zeigt DAZN in der Konferenz das Spiel Manchester City gegen Roter Stern Belgrad, das Trikotwerbung für Gazprom zeigt. We blow up the football (da ist die Mancity-Webung für Katar natürlich weniger pfui). 

Man träumt nur noch rückwärts. Von der Universität zurück zur Schule, von der Champions League zurück zum Europapokal der Landesmeister, von WLAN zurück zu CD-Funk.

Absurde Träume. Man erwirbt eine neue Regenjacke, die man in einer großen Einkaufstasche transportiert. Es beginnt zu gießen wie aus Kübeln. Verzweifelt versucht man die Tasche zu schließen damit die Regenjacke nicht nass wird. Man findet sich wieder an Bord eines Flugzeuges kurz vor dem Absturz. 10 cm über dem Boden schlängelt es sich zwischen Passanten durch eine Fußgängerzone zwischen Fluchten von Einkaufszentren hindurch. Ein lautloser Traum. Daran merkt man, dass es nur ein Traum ist. Erleichtert träumt man einzuschlafen. Um dann in einem Alptraum namens phoenix-der Tag zu erwachen.     

Immer noch geistert Jens Spahn durch die Talk-Shows. Die Pleiten, Pech und Pannen in seiner Ägide als Gesundheitsminister wurden nur noch übertroffen durch die Versäumnisse von Andreas Scheuer. Das hindert ihn nicht daran sich nun als volksgesundheitlicher Lautsprecher der CDU zum Thema Migration aufzuplustern. Bei Maybrit Illner verdeutlicht er, was die CDU unter konservativ versteht: Wahrung des Wohlstandes durch Abschottung und Wahrung von politischen Handlungsoptionen durch Krakeelen ala AfD, die im deutschen Bundestag höhnisch Beifall für die aktuellen Positionen der CDU/CSU spendet. Die Debatten über die Migrationspolitik sind geprägt von der Angst vor politischem Bedeutungsverlust, wohlwollend ausgelegt vor dem Bedeutungsverlust demokratischer Parteien einerseits (CDU/CSU), von der Unterschätzung des sozialen Sprengstoffs des Themas Migration (Ampel) andererseits. So weit, so wenig ungewöhnlich in der parlamentarischen Auseinandersetzung - aber eine Oppositionsstrategie, die auf Änderungen des Grundgesetzes zum Zweck der Aufweichung der Wertebasis der Verfassung beruht betreibt das Geschäft der Alternative für Demokratiefeinde. Wahlkampf für die AfD seitens Spahn, Merz, Dobrindt und Co lässt sich eigentlich nur erklären, wenn die politische Führung nur noch in Koalitionen mit den Rechtsradikalen eine Machtoption sieht. Finster.      

Hoffnung, dass Putin lediglich ein Geschichtsrevisionist ist, dessen Seufzer zum Kollaps der Sowjetfunktion als größter geopolitischer Katastrophe des 20. Jahrhunderts der Sehnsucht nach der Rückkehr zu den klaren Fronten einer bipolaren Welt entspricht. Dazu bedarf es keines Kommunismus, Maoismus oder Stalinismus: eine beliebige Form der Diktatur genügt. Dementsprechend besteht kein Widerspruch in den Allianzen zwischen kommunistischer Herrschaft und Ein-Personen-Diktaturen wie etwa in der Kooperation Chinas und Syriens. Geht es `nur` um die Balance einer bipolar gestörten Welt reduziert dies das Risiko einer nuklearen gegenseitigen Auslöschung - denn dann wäre in Ermangelung einer Welt die bipolare Welt Geschichte und statt West und Ost gäbe es nur noch Nord- und Südpol.

"Während Du zunehmend verschwommen siehst sind Deine Traumbilder derzeit bestechend scharf. Nicht nur das: Deine Träume sind beunruhigend plausibel im Vergleich zu Deiner Realität. Du kannst immer noch nicht glauben, dass der Rubel die weltweite Leitwährung ist. Stattdessen träumst Du von Wirtschaftskriegen zwischen China und den USA, von südamerikanischen und afrikanischen Staaten, die einen Krieg in Europa als Grenzkonflikt außerhalb ihrer Interessensphäre bezeichnen. Alles erscheint Dir stichhaltiger als die Welt, in der Du Dich aufhalst."   

Sei ignorant. Auf der Hut vor Appellen für ehrenamtliches Engagement. Vertraue exklusiv dem kategorischen Impferativ: Unterlasse! Untertasse! Leugne die Fakten nicht, aber bagatellisiere ihre Konsequenzen. Mache einen Bogen um Obdachlose und Energiesparmaßnahmen. Buche Kurzstreckenflüge. Sehe niemals Nachrichten. Gehe Zahnärzten aus dem Weg, verschiebe Gesundheitschecks auf unbestimmte Zeit. Verweigere Partnerschaften und klare Zusagen. Verfolge keine Projekte.

"Immer nur Schatten von Menschen gesehen, flüchtige Beziehungen geführt, andere dafür gescholten dass du Dich nicht fühlst. Der Grund, warum Du derart lang mit einem Sozio-Paten verbunden bliebst. Blindes Verständnis der wechselseitigen Unfähigkeit zu berühren. Wie Deine Höhlenmalerin spottet: ihr habt Euch gegenseitig verdient."

Man findet nicht mehr statt. Um einen herum toben sich letzte Generationen aus, reden und kleben an einem vorbei als sei man nicht da, außer als Verursacher von Katastrophen. Man ist raus aus dem Spiel, hat es verdient zu verstummen. Umso eigentümlicher der melodramatischen Hang alter Menschen über alles und jeden bestimmen zu wollen. Die Ideen des Merz. Menschen, die verkünden Gottes Wege seien unergründlich, aber anderen genau vorschreiben was gottgefällig sei. 

"Du wählst die Nummer Deiner Eltern an obgleich sie längst tot sind. Eine fremde Stimme meldet sich und Du bettelst: `Bitte gib mir Auskunft. Ich verstehe es nicht.` Die fremde Stimme räuspert sich - und antwortet: `Da gibt es wenig zu verstehen. Identitäten unterliegen dem Unschärfeprinzip. Man kann weder mit beliebiger Genauigkeit bestimmen wer man ist, noch wohin man sich entwickelt. Personen, deren Identität gewiss ist existieren lediglich in Texten und in Dentallaboren. Die Hardware ist unverwechselbar, so wie ein Photon trotz der Unbestimmtheit seines Aufenthaltsortes und Impulses. Die Identität ist eine Wolke mit unbestimmten, wechselhaften Konturen. Man ist ein Behälter voller Geister und Gespenster. Daran ändert auch die Biologie nichts.` Aufgelegt. Das war nicht hilfreich." 

Vergeblich versucht man sich einer Demonstration anzuschließen, die sich sowohl gegen den Terror der Hamas, als auch gegen die Politik der Regierung Netanyahoos wendet, die sich sowohl für die Belange der palästinensischen, als auch die der jüdischen Bevölkerung einsetzt. Das im Übrigen die Deutschen sich tunlichst mit Kritik am Umgang Israels mit dem Völkerrecht zurückhalten sollte muss man so nicht sehen: Wer könnte historisch besser beurteilen wie rasch Hass in einen Genozid mündet? 

Tinnitus transformiert sich in empörten stream of unconsciousness, aus dem sich ein wenig schmeichelhaftes Raunen kristallisiert: Was mir (wem?) einfiele mich zu geostrategischen Fragen und Klagen zu äußern, wenn ich nicht einmal mehr wisse wo ich wohne und wie ich heiße? Wie bei manchen Redebeiträgen in Talkshows: Man erkennt keinen Zusammenhang, nur den Brunstton der Emporung. 

Globale Krisen, die erfordern aus der Not eine Tugend zu machen. Von Geostrategie euphemisiert man, wenn aus Nöten Untugenden gemacht werden. Es wird Meme regnen: geschmacklose Halloweenblagen, die sich als Hamaskämpfer und israelische Soldaten verkleiden.

Ist schon richtig. Ohne die unermüdlich abhebende Klimaanlage mit ihren weit gespreizten Landeherzklappen hätte man nicht die Brise einer Ahnung vom Wetter. Man meidet es die Wohnung zu verlassen aus lauter Angst nichts wiederzuerkennen, aber von allen gegrüßt zu werden. Man ist sich einiger Defizite sicher, wenn auch nicht ihrer Ursachen. Man hat nie Autofahren gelernt. Das Studium abgebrochen. Mit dem Leistungssport und der Leistungssportlerin Schluss gemacht. Texte verfasst, sich aber nie um Veröffentlichung gekümmert. Es stimmt nicht, flüstert eine Stimme, die unmöglich hier und jetzt flüstern kann: Du hast einen Führerschein, Du hast es nur vergessen. Du hast promoviert und einen Roman veröffentlicht der seine eigene Dissertation ist, Du weißt es nur nicht mehr. Du hast Dein Leben lang Sport getrieben und Deine große Liebe hat sich von Dir getrennt. Was Du für Unfähigkeit hältst ist - in diesen Fällen - Gedächtnisverlust. Galle kriecht den Ösophagus empor: halt bitte die Landeklappe. Doch die Klimaanlage kennt kein Erbarmen, verspottet einen mit Ultraschallgeräuschen einer Schwangerschaft.      

"Könntest Du es Dir aussuchen wie Süßigkeiten in einem Kiosk möchtest Du als letztes Geräusch das Zwitschern von Spatzen hören. Seitdem Dir allmählich dämmert, dass Du in einer Welt gestrandet bist in der Sterben ebenso unmöglich ist wie unendlichen Zeitenwenden hin zum immer Gleichen zu entkommen (...das eine bedingt das andere...) denkst Du permanent an nichts anderes, da Du aber vom Denken nicht lassen kannst ziehst Du keine Konsequenz, aus Angst dass auch die Konsequenz eben nicht zu Nichts führt. Wärst Du todkrank würdest Du als allererstes wieder mit dem Rauchen anfangen. Gäbe es in dieser Welt noch Tabak."

Wieso so spät im Dasein ungebetene psychoanalytische Streiflichter? Soll ja typisch für ADHS sein. Von kreativem Chaos, gar Enthusiasmus keine Spur. Stattdessen späte Einsichten, sinnfrei wie Reue wenn für Besserung durch Selbsterkenntnis der Zug schon lange abgefahren ist (klammheimlich freut man sich, denn dann erübrigt es sich etwas zu ändern). Dass der Vater vorrechnete, man sei eine Fehlinvestition. Der wählte die Sozis, aber verzogen haben ihn die Nazisozis, heraus kam die Kosten-Nutzen-Analyse die ergab, man sei unwertes Leben. Wie er Dich ansah, der selbe Blick wie der von Strandgästen, die auf Quallen blicken und von Friedrich Merz, der über syrische Flüchtlinge lästert.   

`Ich komme morgen wieder um die selbe Uhrzeit.` Man kann sich nicht entsinnen diesem nach Duftbäumchen riechenden Typen jemals den Schlüssel zu dieser Wohnung gegeben zu haben, geschweige denn ihn zur Achse eines bis ins Kleinste geregelten Tagesablaufs promoviert zu haben. Da kommt man sich ja vor als sei man im Pflegeheim Zum Letzten Hemd gestrandet. Seis drum. Letztlich hat man selbst von Personen die einem nahe standen von jeher nur flüchtige Eindrücke gehabt, die sich nicht zu einem konkreten Menschenbild fügten. Man hat immer alle und alles verloren bevor es sich manifestierte. Man setzte all in auf Sprache als Methode zur Erschließung des für Andere Selbstverständlichen. Die Hoffnung zerschlug sich nicht, sie löste sich allmählich mit der Sprache auf. In dieser Endzeitstimmung dämmert und hämmert einem Verschiedenes: das man geliebt wurde obschon man - dem Papa gehorchend - verachtete. Dass man verschwendete und verwundete, was man nicht zu schätzen wusste, weil man gar nicht wusste was Wertschätzung ist, wie man sie erkennt, wie man überhaupt keinerlei Vorstellung von Selbstlosigkeit entwickelte, ein Mangel der einem nun fürchterliche Angst vorm Tod einjagt. `Übrigens`, muntert einen das unbekannte Menschenbild auf, das noch einmal halbiert vom Türrahmen reüssiert, `heute müssen Sie keine Angst vor Infektionen haben. Ist Halloween. Alle tragen Maske.`    

Man zappt sich durch die von Programmen unterbrochene Werbung. Ein morgen als verschwunden geltender chinesischer Botschafter beklagt sich über die deutsche Legierungspolitik. Ein rechtsextremer Abgeordneter macht sich lustig über die Efools der FDP. Ein Beitrag über die KI kommt zu dem Schluss die beste Waffe der KI gegen den Menschen ist der Mensch. Man stellt fest, dass die Bildschirme aus sind. Man zappt nicht, man erinnert sich.

Anfälle verzweifelter Lebenslust, die im Alter Lebenslast ist. Mit Bierbauch bouldern hält den Verfall auch nicht auf. Man jammert über den eigenen Weltuntergang. Erst die Hamas und dann das.   

`Humus`, korrigiert ein Saugroboter namens Alexa, der seit Neuestem (wann ist das) durch das Appartement fegt, `es heißt nicht Hamas sondern Humus.` Man ist zwar nicht mehr auf der geistigen Hardthöhe, dennoch stinkt man aus reiner Patzigkeit gegen die künstliche Intelligenz an: Alexa, wie ist der Stand im Nahostkonflikt? `Der Nahostkonflikt gilt seit der 1998 in Kraft getretenen Zweistaatenlösung auf Basis des Rabin-Arafat-Vertrages als weitgehend befriedet. Zwar bestreiten Staaten wie der Iran nach wie vor das Existenzrecht Israels, akzeptieren jedoch dass militärisch und wirtschaftlich überlegene Regionalmächte wie Ägypten, Saudi-Arabien und seit 2006 auch Katar den Staat Israel anerkennen. Da auch Russland, China und die USA trotz deren ideologischen Differenzen die Notwendigkeit der Unantastbarkeit staatlicher Grenzen betonen fehlen antisemitischen Staaten wie Syrien finanzielle und politische Mittel gegen Israel vorzugehen, zumal das historische Argument der Unterdrückung Palästinas durch Israel entfällt. Mit der Auflösung der PLO verloren auch andere extremistische Organisationen ihre Basis, zumal in Ermangelung ökonomischer Mittel auch Waffenlieferungen weitgehend ausblieben. Al Kaida verlor nach dem gescheiterten Anschlag auf das World Trade Center` Jetzt reichts aber. Alexa, was ist der Brexit? `Als Brexit bezeichnet man ein industriell hergestelltes Konglomerat aus Bimsstein und Graphit, das als preiswerter Bau- und Dämmstoff weltweit eingesetzt wird.` `Wer ist aktueller Basketballweltmeister?` `Deutschland`.  Man denkt: Das darf doch alles nicht wahr sein. Dabei wäre genau das ein Traum...    

"Alles in diesem Universum ist Rückführung. Du befindest Dich im Fahrstuhl eines Kaufhauses im öden Zentrum einer Großstadt. Die Lifttüren gleiten mit einem Star-Shrek-Geräusch auseinander und Du findest Dich wieder an einem Dir wohlbekannten Strand. Am Horizont ein Weihnachtsbaum, der mit Karacho ins Wasser klatscht. Mühsam richtet er sich wieder auf, entpuppt sich als Segel. Du schlenderst in Flipflops durch das Gemisch aus fragmentierten Muscheln, Zigarettenkippen und Sand, das die Nebensaison verrät, wie auch die klare und deutliche Differenzierbarkeit der Stimmen einzelner Touristen, die im Sommer untergehen im Rauschen des Meeres und interferierenden Gesprächen. Die Deutschen beschweren sich wie üblich über den Müll, das ist ihr erstes Thema wenn sie ankommen und das letzte wenn sie gehen. Zwei Halbwüchsige zeichnen einen Pimmel in den Sand. Du wunderst Dich nicht darüber hier zu sein. Du warst ja schon hier. Im hyperbolischen Universum bleiben die Katastrophen aus. Wenn Du da warst bist Du jetzt wieder da wo und wann Du warst. Um einige Erinnerungen an die Zukunft reicher, aber einer Zukunft in einer positiv gekrümmten Raumzeit, in der die Krümmung das einzig Positive ist."

"Als Reichtum würdest Du diese Erinnerungen nicht bezeichnen. Sie sind reichhaltig, jedoch deprimierend und abstoßend. An Menschen denen Du nahe standst, aus inneren Zwängen, schließlich nicht mehr aus Zuneigung, sondern trotz Abneigung. Abgewandte Nähe, wie bei siamesischen Feinden, die am Rücken zusammengewachsen sind. Wie Israel und Palästina."       

Man wundert sich darüber, dass ausgerechnet eine Schriftstellerin sich darüber entsetzt, wenn ein Staat sich wegen des Wortlautes einer Resolution seiner Stimme enthält. Ein Spiegel-Kolumnist nimmt eine Rede Robert Habecks auseinander, die er als rassistisch bezeichnet. Warum wohl bekommt er Zuspruch von so vielen Seiten? Die Rede wird nicht wegen verbrämter Islamfeindlichkeit sondern eben deswegen als Kanzlerrede bezeichnet. Talkshowgäste beklagen die rapide nachlassende Empathie mit den Opfern des Anschlags der Hamas auf Kibbuze, den größten Massenmord an Juden seit dem Holocaust. Man empört sich über die Abscheulichkeiten der Bilder, deswegen wenden sich die Menschen von den Opfern ab. In ihrer Wohlstandsblase sind es ja die die Bilder der Opfer die stören, die Täter sind ja unversehrt und stören nicht die empfindlichen Gemüter und Mägen. Eine Landrätin identifiziert das Bürgergeld als Pullfaktor. Es lohne sich im Vergleich dazu nicht zu arbeiten. Als ob das an den Sozialleistungen, nicht an zu niedrigen Löhnen liege. Man sollte erleichtert sein, dass es sich nur um Eigenhirngespinste handelt. Stattdessen erregt man sich wegen der universalen Leugnung der Tatsachen im Kopf. Man ist die Kuh in einem Gary Larson-Cartoon, die sich beim Psychiater beklagt: Ich glaube, die ganze (H)Erde irrt sich.       

Könnte man noch einmal Leben würde man im Bully von Richard Feynman aufwachsen, unter Freaks mit Dreadlocks, die von Klettergebiet zu Klettergebiet touren und nebenbei beweisen: die Quintessenz der Theorie von Allem ist, das bei sämtlichen Gleichungen Null herauskommt. Dummerweise wissen das auch hochbegabte und -betagte Psychopathen, die entsprechend der Auslöschung von Allem den Weg bereiten. 

Beim Klettern, lehrt einen eine Amazone namens Jana, kommt es vor allem auf die Beine ein. Das Bein bestimmt das Bewusstsein.   

`How dare you?` empörte sich Greta Thunberg beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2019. Gemeint war unter anderem der damalige US-Präsident Donald Trump. `How dare you?´fragt man sich nun in Anbetracht ihrer widerholten einseitigen Verurteilung des israelischen Vorgehens in Gaza. Dabei ist es nicht überraschend, dass Klimaaktivismus, Antisemitismus und ein Hang zum Extremismus eine unheilige Dreifaltigkeit bilden. Grade Donald Trump eignet sich - als betrügerischer Kapitalist (...gibt es andere?...), als Potus von Gnaden der die israelische Regierung bedingungslos unterstützenden Evangelikalen, als Frackingfreund, Klima- und Coronaleugner, kurz: als böser, alter weißer Mann in Reinform - ideal als Zielperson der Empörung. Er ist aus Sicht der Klimabewegung die Verkörperung sämtlicher Todsünden, denen die Welt den Klimawandel zu verdanken hat: Raffgier, Leugnung von Fakten, als US-Präsident oberster Repräsentant des weltweit größten Erzeugers von CO2-Emissionen, oberster Lobbyist eines Raubtierkapitalismus, der die Unterschiede von arm und reich verschärft, kurzum: er verkörpert ein Bündel von Eigenschaften, die sich auch als Blaupause für antisemitische Vorurteile lesen lassen. Man ahnt schon, dass die Klimabewegung nicht unempfänglich ist für eine aufgrund der Dringlichkeit des Anliegens (...der Kipppunkt ist nah...) attraktive Verkürzung der Kapitalismuskritik auf blanken Antisemitismus. Wozu sich mit Wälzern wie `Das Kapital` herumschlagen wenn die Welt kurz vor dem Kollaps steht und die Verantwortlichen klar sind? Die Regierungschefs und Bonzen all dieser israelfreundlichen Staaten. In dieser Lesart sind böser Kapitalismus und die Solidarität mit Israel ein und dasselbe, schlimmer noch: die demokratischen Staaten der westlichen Welt, der böse Kapitalismus und die Israelfreunde sind ein und dasselbe. Sie tragen erstens die Hauptschuld an der Klimakatastrophe, zweitens verschleppen demokratische Entscheidungsprozesse dringend notwendige Maßnahmen weswegen es drittens radikaler Schritte bedarf, zu deren Durchführung autoritäre Strukturen notwendig sind (wie Lisa Neubauer sinngemäß lanzierte: wir haben keine Zeit für Demokratie). Die Erinnerungskultur, der Schutz jüdischen Lebens, demokratische Verfassungen - aus Sicht radikaler Klimaschützer perfide Elemente zur Verhinderung zielführender Klimapolitik. `I want you to panic` forderte Greta einst. War es tatsächliche eine Forderung - oder eine Drohung, wie man sie sonst von Terrororganisationen kennt? Hinter manch einseitiger Solidarität und Lob des Widerstandes verbirgt sich Bewunderung für radikale Methoden. Oder ebenso fatal: Provokation aus Angst vor Bedeutungsverlust.             

Extremismus und Alexithymie. Gefühlsblindheit als Voraussetzung für Grausamkeit, getarnt als notwendige Konsequenz. Empathielosigkeit als Schutz vor dem Entsetzen über das eigene Handeln. Als Ursache für Alexithymie gelten Depressionen und Burnouts. Pandemie und nukleare Bedrohung, Erderwärmung und soziale Rollbacks. Das Mittelmeer als Massengrab und das schlechte europäische Gewissen. Wettbewerb und Inflation. Waldbrände in Kanada trüben die Sicht in Deutschland. Artensterben und Niedrigwasserstände. KI und neue Biowaffen, Alphazero und Bedeutungsverlust eigenen Könnens. Gefühlsblinde Gemeinden, gefühlsblind vor Hass und Abscheu. 

Man selbst kennt das. Zugang zur Gefühlswelt anderer und der eigenen hatte man nur durch Texte und Filme, die sie einem erklärten. Folgerichtig blieben die eigenen Texte gefühlssteril, Figuren, die man entwarf waren extrapolierte Zitate. Lieblos erreicht man das Rentenalter.   

"Deine Höhlenmalerin sprayt mittlerweile Graffitis in U-Bahn-Schächten, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Kein Wunder, sie winden sich durch Dein Schädelinneres, dessen Volumen proportional zur Schrumpfung seines Umfangs zunimmt. Kreativität lauert. Wenn das so weitergeht schreibst Du Deine philosophische Instagrammatik, bestehend aus Paragraffiti mit Untertiteln. Das Universum in der Muschelschale ist eine Perle, die sich um einem Fremdkörper gebildet hat, das Sein, das ein Fehler im Nichts ist. Der Fehler, das Tetris der Grausamkeit. Opfer, die keinen anderen Weg mehr wissen mit ihrem Trauma umzugehen, als es anderen zuzufügen."   

Wenn Menschen anderen Menschen etwas unvorstellbar Grausames antun, dann lässt sich Schweigen empörungswirksam als Mangel an Empathie deuten. Wenn ein Geschehen das Vorstellungsvermögen übersteigt kann Schweigen jedoch auch Ausdruck von Fassungslosigkeit sein. Was die Grenzen der Vorstellungskraft sprengt sprengt auch den Rahmen des Mitgefühls und der Sprache. So wie ein zu greller Lichtblitz einen blendet oder eine starke Druckwelle einen taub zurücklässt lassen Grausamkeiten der Dimensionen des Hamas-Anschlages einen temporär gefühlserblinden.     

Sobald die Gegenwart der Menschen, denen man über den Weg läuft nicht mehr die eigene ist beschäftigt man sich überwiegend mit der Beobachtung des eigenen Sterbens. Was hat man gemein mit Fremden auf dem Weihnachtsmarkt, halb so alt wie man selbst, aber mit schulpflichtigem Nachwuchs? Mit jungen Eltern, die im Winter Sonnenbrille tragen?  

Es dämmert einem, dass man schon jetzt einige letzte Male hinter sich hat. Sex gehört dazu. Trotz einiger Avancen seitens Gleichaltriger, deren PartnerInnen von Darmspiegelung zu Biopsie gereicht werden und die sich vorsorglich nach Ersatz umschauen. 

Was man sich denn in den ungepflegten Catweezlebart monologisiere? nörgelt der Lieferandroid, der unaufgefordert das Appartement betritt und sich die Hände an der Heizung wärmt: Telefonsex hat nichts mit vorgezogenem Witwentrost zu tun. Man flüchte sich in schmeichlerische Narrative, seit man existiere. Keinesfalls sei man je ein erfolgreicher Autor, Verleger, Sportler und Casanova gewesen. Ohne das Glück Nazigold geerbt zu haben würde man in vorzeitiger Altersarmut und -Einsamkeit versinken. Nicht sehr aufbauend dieser Spott. Immerhin schneidet der Lieferandroid einem die Fußnägel, während man sich über die lauwarme Calzone hermacht. Man ist sich längst über die Lebenslügen im Klaren, die einen durch den Tag und durchwachte Nächte bringt.  

Ein Stück Jetzt: Lanz zitiert Frau Esken mit ihrer Aussage, die Umwidmung der Coronamittel für den Klimatransformationsfonds seien ein Trick gewesen. Sie begeht den Fehler, das Zitat nicht offensiv zu verteidigen und ersetzt Trick durch Kniff. Dabei sind weder Tricks noch Kniffe per se verfassungsfreundlich. Trick ist nur Betrug, wenn es ein Trickbetrug ist. 

In Ermangelung von Wintersportübertragungen in Ermangelung eines Winters verbringt man Tage und Nächte mit der Betrachtung einer Arztserie. Für einen Hypochonder besser als ein Film von David Cronenberg. 

"Da Du in einer sattelfömigen Stadt umherstreifst, wirst Du auf Dich zurückgeworfen egal wohin und wie weit Du gehst. So übergründlich untergründig, dass Du Du Dich einstülpst in das Meer oder weniger in Dir. Ausdehnung und kosmische Leerräume als Symptome Deiner Erinnerungen und Deines Vergessens. Ein Magenkrampf entspannt sich zu einem Sehnsuchtsurknall. Wie gerne würdest Du wieder eine Wohnung betreten. Betreten denkst Du, Du würdest Dich schon mit Einer Schaufensterinschrift begnügen, die Du kennst. Die Nähe eines Ortes an den Du gehörst. Deine Belustigung über die Übelkeit erregende Doppeldeutigkeit des Wortes Erbrecht."

Ein G5-Mast auf dem Dach des gegenüberliegenden Gebäudes ist auch nicht schlimmer als ein Weihnachtsbaum. Wie kam der dahin? Man weiß es nicht weil man woanders war. Zu vielem in der Wohnung hat man den Bezug verloren. `Wie oft soll ich es ihnen noch sagen? Sie befinden sich in einem Seniorenstift.` Einen Stift hätte man gerne. Weit und breit nur elektronische Aufschreibsysteme. In einem anderen Leben roch das Schreiben nach frisch geschältem Holz. Spitze Bleistifte und Anspitzer, Ratzefummel und flüssiges Tippex. Das waren noch Zeiten.    

Das Privileg in Frieden allmählich zu sterben. Allmählich verlieren die Dinge um einen herum an Dichte und Gewicht, passend zum wachsenden Ausmaß eigener Erschöpfung. Man ist erleichtert über Freundschaften die einem gekündigt werden. Das Dasein entschwebt nicht nur, seine Bestandteile werden weniger, ihre Zahl schrumpft beständig. Die Sicht verschwimmt, die Töne werden unscharf bis das eigene Dahinschwinden unmerklich im Nichtsmeer mündet. Ab wo ist der Fluss nicht mehr Fluss, sondern Ozean? Ab wann ist man abgemildet?

Der Atlantik fiel vom Himmel herab. Erst als horizontale Sintflut, dann als Dauererregung. Dann als gewöhnlicher Tiefausläufer von Westen.   

Als der Regen zur Regeneration versiegte beschloss man mit den unablässigen Serien, der Sirene, Schluss zu machen. Man ging einkaufen ohne Erinnerung an ein Leben vor dem Abspann der vierten Staffel von Babylon Berlin. Es schienen einem so, als sei es leichter, in der 2. Person Singular zu denken.   

Er hätte verblüfft sein können, aber er nahm gleichmütig hin, dass er zwar wusste wie man an der Kasse bargeldlos bezahlte, auch sofort seine Debitkarte zur Hand hatte, aber sich nicht an seine Biographie erinnerte.

Umstandslos findet er die Haus- und Wohnungstür, zu der die Schlüssel in seiner Hosentasche passen. In der Wohnung findet er sich zurecht, Routinen gehorchend, deren Ursprung ihm nicht bekannt ist. Es riecht nach abgestandenem Rauch. Er weiß, dass eine zweite Person für die Verbrennungsrückstände in Luft und Aschenbecher verantwortlich ist. Um wen es sich handelt weiß er nicht. Auf dem Wohnzimmertisch neben dem Aschenbecher liegt ein gekringeltes Haargummi. Er fährt sich über den kahlen Schädel, ist sich jedenfalls sicher, dass es nicht seins ist.  

Der Name auf seinem Personalausweis sagt ihm nichts. Offenbar ist er 60 Jahre alt, ein gebürtiger Italiener mit Namen Georgio Malone mit Wohnsitz in München. Familienstand ledig. Er ist kein ordentlicher Mensch. Wenn er wollte, könnte er daher rasch vieles über sich in Erfahrung bringen. Verstreut auf diversen Ablageflächen, Stühle, Tische, Boden, sogar im Gefrierfach stapeln sich Rechnungen, Schreiben von Sky, Vodafone, von Versicherungen, kaltgestellte Verpflichtungen und Versäumnisse. Ein unwiderstehlicher Widerwille hält ihn davon ab, die Dokumente zu studieren. Einer Sache ist er sich sicher: er ekelt sich vor Schrift, vor Sätzen, vor Schriftsätzen, vor dem geschriebenen Wort. Er verabscheut Briefkästen ebenso wie Bücher. Das kann nicht schon immer der Fall gewesen sein. Die Bude ist voll von Büchern. Sie wurden in Regale gequetscht und zu Türmen gestapelt, auf denen eine dicke Staubschicht liegt.  

In der Abstellkammer ein Yengaturm aus Tageszeitungen. Neugier schlägt Abscheu. Schlagzeilen aus drei Jahren. Vakzine aus Bier und lateinischen Philosophen. Nebenwirkungen auf die Demokratie. Gehirnblutungen eines Gesundheitsministers verwandeln sich in Gesetze. Blutbücher sind wir alle miteinander. Jugend sehnt sich nach schwedischen Gardinen. Maskenmüll bedroht Fische und Meeresschildkröten. Soziale Isolation als Gelddruckmaschine für Lieferdienste. Meinungsfreiheit outgesourct in die Talkshows. Wer braucht Wahlen wenn es Lanz und Illner gibt?   

Er erinnert sich nicht, es kommt ihm jedoch vertraut vor. Ebenso seine Laufwege. Fremdgesteuert von einem Alien, das seine Biographie ist, schlurft er in zu großen Schuhen abschüssige Straßen entlang hin zu seiner Stammkneipe. Die geschlossen ist, was ihm ungewöhnlich erscheint. Auf dem Treppenabsatz vor der verschlossenen Tür flackert ein Magazin aus Grablichtern im schwachen, jedoch frostigen Ostwind. Tief Prigoschin. Inflationsbedingtes Kneipensterben? Sein Handy vibriert in seiner Hosentasche. Eine Person namens Valentina. Er scheint sie zu kennen, anderenfalls erschiene ihr Vorname nicht im Display. Er meldet sich: `Hallo Valentina.` Kurze Pause bis zur Antwort: `Ich kann es immer noch nicht fassen. Jedes Mal wenn ich am Tresen sitze meine ich er müsste jederzeit zur Tür hereinkommen. Ich habe permanent sein Lachen im Ohr.` `Ja`, hört er sich sagen, `Wenn einer so plötzlich verstirbt hört man überall sein Echo, sieht ihn in jedem Spiegel.` `Das nun auch wieder nicht. Aber ich weiß wie Du es meinst und das Vergleiche immer hinken wie Goebbels.` Überdrehtes Gelächter. Aus dem Hintergrund eine abfällige Stimme: `Oder so wie der Dahingeschiedene.` `Schlechter Scherz` `Na und? Hätte ihm gefallen. Ist das Giorgio? Schönen Gruß.` `Schönen Gruß von Homi` `Grüß zurück. Wohin geht ihr eigentlich wenn Sonntags zu ist?` Hört er sich fragen.    

Wenn man sich nicht erinnert ist dies der Beginn einer unvoreingenommenen Geschichte. Er setzt sich hin und beginnt zu schreiben:

"Eines Morgens, als Niemandskopf aus einem traumlosen Schlaf erwachte, fand er sich in Gestalt eines 60jährigen Mannes vor. Die Welt, die er betrat, als er außen vor der Tür einem Lieferandokurier auswich, war ihm fremd, ohne dass ihn dies erstaunte. Niemandskopf nannte er sich in Ermangelung eines zutreffenderen Namens. Derjenige auf seinem Personalausweis schien ihm unpassend. Für seine Außenwelt würde er ihn verwenden. Ihm lag nichts daran Verwirrung zu stiften. Die anderen kannten ihn ja. Nur er sich nicht."  

So beginnt denn sein Leben mit dem Lebensabend. Statt entsetzt zu sein fühlt er sich zufrieden und ausgeglichen. Selbst wenn er sich an sich erinnerte wäre der Erinnerte vorüber. Es macht also keinen Unterschied. Zudem ist die Lücke nicht so groß wie zunächst angenommen. Wie ein Gestürzter, der sich aufrappelt und überprüft ob alle Knochen noch heil sind tastet er sein Gedächtnis ab: subkulturelle Codes, Serien, gelesene Bücher, alles noch da. Nur er fehlt. 

Nahostkonflikt und Berlinale. Ein Kommentator entsetzt sich: Man wirft Israel Völkermord und sogar Apartheid vor. So als sei Ersteres weniger schlimm. 

An- und Abschalten fiktiver Welten. Sprünge von Welt zu Welt, vor- und zurück. Stopptaste. Beschleunigen. Je weniger Kontrolle über das eigene Leben, desto attraktiver die Fernbedienung.  

Im Kino eine Männerphantasie mit Emma Stone. 11fach oscarnominiert. Statt Rippe vom Mann ist Bella eine Kopie ihres männlichen Schöpfers. So wie dessen Körper von Kind an ein im Namen der Wissenschaft ausgebeutetes Experimentierfeld für dessen Vater war interpretiert Bella ihren Körper als beliebig belastbares Objekt wissenschaftlicher Neugier. So wie ihr Schöpfer akzeptiert sie ihr zugefügten Schmerz klaglos als Begleiterscheinung von kühlem Erkenntnisinteresse. Mit Emanzipation, gar mit Feminismus hat das weniger als nichts zu tun. Er nörgelt das vor sich hin bis die Zuschauer in der Reihe vor ihm mit Prügel drohen. Egal. Er will sowieso eine rauchen.

Wesentlich interessanteres Kino: der Fahrstuhlschacht am Hauptbahnhof. Sich verengende Kabelschlingen. Gewichte steigen empor wie in den Foltermaschinen des Fitnessstudios. Erst kommt die Düsternis, dann sinkt die leere Fahrstuhlkabine herab, Gleichnis auf die Vergänglichkeit des Lebens so wie die Ladebalken den iphones. Stromsparmodus bei Längenkontraktion. Rotgestauchte Agonie.  `Erinnerst Du Dich noch an Fahrstuhl zum Schafott?` lächelt seine Freundin ihn an, `Na klar. Den haben wir in der Filmnacht im Roxy gesehen, im tiefen Winter. Erst Schafott, dann Shining. Während Jack Nicholson mit der Axt durch das verschneite Labyrinth hinkte sprang die Notausgangstür auf und Schneewehen sorgten für kalte Zu-Schauer.` Das sprudelt aus ihm heraus. Zwangsfiktionen schaffen gemeinsame Vergangenheit. `Ja genau. Danach sind wir noch in diese Kirche eingebrochen wo wir gefrorenes Wehwasser bestaunten.` Nichts von alledem ist ihm geläufig, er plapperte das mit der Filmnacht einfach vor sich hin. Alles, was er sagt entpuppt sich als Geschehenes. Nur steuern kann er das nicht. Die Vergangenheit rutscht ihm einfach so heraus ohne dass er sie wiedererkennt.

Serien behagen ihm mehr als Kino. Derzeit `The Sister`. Mit einer Prise Poltergeist. Nostalgisch. Wenns heutzutage irgendwo spukt handelt es sich mit Sicherheit um einen Saugroboter. 

Auf einem Barhocker malt er sich seine Grabsteininschrift aus: Außer Tresen nichts gewesen.   

Xi Jinping zu Scholz: `Ich untersage dem Kampfschlumpf öffentlich den Einsatz von Nuklearwaffen. Dafür lieferst Du keine Langstreckenwaffen in die Ukraine.` Xi zu dieser Aussage bewegt zu haben wird seinen Preis gehabt haben. Es ist merkwürdig bis furchterregend, dass in den Medien Scholz Zurückhaltung in Sachen Taurus lediglich als Feigheit und Unentschlossenheit gebrandmarkt wird. Dabei wird gar nicht erst der eigentlich naheliegenden Gedanke geäußert, sie könne etwas mit deutsch-chinesisch-amerikanischer Hinterzimmerdiplomatie zu tun haben. Insgesamt kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Film Dr. Strangelove der Realität so nahe kommt wie ein Dokumentarfilm, wobei grade die satirische Überzeichnung der politischen Akteure wirklichkeitsgetreu ist. Macrons Überlegungen zur Entsendung von Bodentruppen könnten ebenso gut von Jack D. Ripper stammen.

Eine Hopfengattung heißt Taurus. Zumindest die könnte man liefern.   

Dass er keine Erinnerung an sich im geschehenen Geschehen hat heißt nicht, dass er es nicht erlebt hat. In Zahnkliniken verabreicht man PatientInnen mit zahnbehandlungsangst ein Medikament, dass nicht gegen Schmerzen hilft, aber das Gedächtnis daran löscht. In Anbetracht der gegenwärtigen Lage und im Wissen um die Zeitenwände, vor die jetzt alle mit Vollgas rasen, befürchtet er nur die glücklichen Zeiten verloren zu haben. `Weißt Du´, lässt er seine Freundin wissen, die von einer langen Reise in ein hyperdiabolisches Universum zurückkehrte, `der Sprachoptimismus kam mir völlig abhanden. Wenn ich jetzt die Wahl habe zwischen einem Text, den ich verfasse und einer beliebigen anderen Beschäftigung ist meine Entscheidung klar.` Das griff er aus der Luft und es wurde wahr, wenn auch dem Vernehmen nach nicht derart heroisch: `Als Schriftsteller`, rückt Sie zurecht, `warst Du von jeher erfolglos. Du warst ein ganz guter Buchhändler.` Immerhin eine Enttäuschung die ihm entfallen war. Bis eben.

Je komplexer und drängender die Probleme, desto populärer werden einfache Muster. Das machen sich nicht nur Radikale zu Nutze. Der unsäglichen Alternative für Deutschland setzten die demokratischen Parteien die Alternativlosigkeit der Kriegstüchtigkeit entgegen. Daran soll demnächst schon in den Schulen gearbeitet werden. Mit der erfolgreichen Kriegswirtschaft in einer ent- und geschlossenen Gesellschaft lässt sich dann auch die Energiewende finanzieren. Nancy Pelosi staunt eben deshalb darüber, dass Trump gegen die Waffenlieferungen in die Ukraine ist. Die schaffen schließlich Arbeitsplätze, wie jeder Krieg.      

Die CDU will das Bürgergeld abschaffen. Der Europarat mahnt an: Deutschland muss mehr gegen die Armut tun. Finde den Fehler. 

Arbeitsmarktpolitik: darf man zukünftig ohne Streichung von Grundsicherung einen Arbeitsplatz als SoldatIn ablehnen? 

Berichterstattungen bei Phönix. Ein Litauer stellt sich vor einen sowjetischen Panzer. Der Panzer dreht um. So einfach ist der Widerstand. Man muss nur bereit sein sich lediglich mit einem Trenchcoat bewaffnet einer bis an die Zähne bewaffneten Armee entgegenzustellen. Derlei Reportagen häufen sich. Der Tenor ist immer der Gleiche. Für Freiheit und Demokratie sein Leben zu geben ist Bürgerpflicht. Eine Einstimmung. Dazu passend der Vorschlag, Schüler in Katastrophenschutz zu unterrichten. Kein weiter Weg von da bis zur Wehrkunde. Es ist niederschmetternd. Aber will man eine wehrhafte Demokratie wird auch das nicht ohne Werbung und Agitation gehen, die man bei der Gegenseite Propaganda nennen würde.

Ist er ein Altlinker? Neben seiner Wohnung der Antifa-Treff in einer Kneipe. Lauter junge Menschen zwischen 15 und 25, die ihn ignorieren oder misstrauisch beäugen. Kriegst nicht mal n Bier. Der Altersrassismus macht ihn wütend. Er zischt: `Ihr Antise(m)iten!`. Trollt sich.   

Kein Witz. Ab 1. April ist der Besitz und Anbau von Cannabis legal. 

Nuklearer Schutzschirm. So trügerisch wie die Werbungen von Versicherungen, die sich als Schutzengel darstellen, so als schützten sie vor dem Eintreten von Ereignissen, die den Versicherungsfall begründen. Nukleares Arsenal ist grundsätzlich eine Gefahr. Abschreckung funktioniert nur wenn sie abschreckt, ob Abschreckung funktioniert erscheint fraglich. Ein Bericht der NYT legt nahe, dass Russland angesichts von Erfolgen der ukrainischen Armee in 2022 nahe vor dem Einsatz taktischer Atomwaffen war. Das mag ein Grund sein für die teils schleppende Unterstützung der Ukraine: zu erfolgreich soll die Gegenwehr nicht ausfallen. Man sollte ehrlich sein: nukleare Waffen haben Erpressungspotenzial.  

Offenbar ist aus ihm nichts Besonderes geworden. Er schwamm nicht von Kuba noch Florida. Niemand drehte über ihn den Dokumentarfilm Free Solo. Weder ist er Thomas Pynchon, noch hat er das Dreikörperproblem gelöst. Wo andere von etwas besessen sind, scheint er - abgesehen von mangelndem Talent - schlicht bequem zu sein und gewesen zu sein. Ohne jede Bereitschaft sich zu quälen, für etwas alles zu geben, eigene Grenzen zu überschreiten. Er muss seine Biographie nicht kennen. Ihm ist klar dass sein Lebensmotto `Duck and Cover`ist.  Escape Rooms. Netflix. Wow. Der Bunkermentalist, gekitzelt von Fluchtimpulsen. Südwärts, hin zu zu abseitigen Inseln zwischen Sizilien und Tunesien, an die kein Sprengkopf denkt.    

Er liest: völkerrechtlich gibt es Situationen, in denen der Tod von Zivilisten kein Verbrechen ist. Um ohne Konsequenzen töten zu können muss man solche Situationen schaffen.

Offenbar gewohnheitsgemäß scrollt man sich (obwohl Opa angeblich nicht scrollt) durch die Berichterstattung auf Spiegel Online. Es gibt etwas zu lachen: "Sarah Wagenknecht und Kathrin Göring-Eckhardt werden in diesem Leben keine gemeinsame Partei mehr gründen. Die Differenzen sind einfach zu groß. Geopolitisch, menschlich, verwandtschaftlich." (Arno Frank, Debattenzirkel bei Maischberger, SPO, 16.04.2024). Einen solchen Satz hätte man eher in einem Beitrag der Titanic erwartet (wäre Arno Frank noch mit Horst Frank verwandt wäre die Pointe noch pointierter).

Die vernetzte Welt, die verletzte Welt. Zwar hat man eine komplette Pandemie entIcht verbracht, ohne Gedächtnis an die eigene pandemisch-biografische Episode, die Lehre hat man jedoch begriffen. Globale Lieferketten befördern nicht nur Waren, sondern Viren und Konflikte. Apokalypse und Globalisierung sind zwei Seiten derselben Medaille. 

Als man jung war gab es nur uns. Gleichgesinnte. Freunde. Kommilitonen. Gemeinsame Zukunft. Die Welt bestand aus weinigen Personen, der Rest der Menschheit in unserem Leben eine verschwindende Minderheit, nicht quantitativ, sondern qualitativ. Jetzt sind von der überweltigenden Mehrheit derer überwältigt, an den Rand gedrängt, ausgegrenzt, die eine Zukunft haben. Das ist der Grund warum Greise die Welt zum Teufel wünschen. Macht und Vergreisung kombinieren sich zur Weltuntergangslust. Wenn ich untergehe reiße ich alle mit in den Abgrund. 

Die Pandemie zeigte den Potentaten: die Bevölkerung gewöhnt sich an den Anblick von Leichen. Sie senkte Hemmschwellen für autoritäre Maßnahmen und die Anwendung von Gewalt. Die Gewöhnung an die Alltäglichkeit eskalierender Bodycounts erleichtert die Kriegsführung. 

"Das Schloss. Niemand hat es ausgetauscht. Der Schlüssel passt noch. Als du die Wohnungstür aufschließt kommt Dir ein heftiger Luftzug entgegen, so als wolle ein Strom der Erinnerungen an Geschehnisse in diesen Räumen dich daran hindern die Wohnung zu betreten. Du kämpfst Dich hinein, im Wohnzimmer brennt Licht, aber niemand ist da. Auf den ersten Blick sieht alles so aus wie an dem Tag, als Du die Wohnung das letzte Mal betreten hast. Auf dem Wohnzimmertisch liegt eine Tageszeitung. Datum: Donnerstag, der 18. April 2024. Konsterniert stellst Du fest, dass Du seit Jahren das erste Mal weißt, welches Datum es ist. Du bemerkst was alles fehlt. Du hast kein Handy und keinen Führerschein. In deinen Träumen kommt nie ein Datum, moderne Technik oder gar ein E-Auto vor."  

"Obwohl er nicht hier ist kommt es dir so vor als wärst Du abwesend. Dein Grundzustand. Fremd in mehreren Welten."